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FORUM KONKRETE KUNST: Was steckt dahinter? – JenaKultur-Blog
Allgemein Kunstsammlung Jena

FORUM KONKRETE KUNST: Was steckt dahinter?

links: Wolfgang Bosse, JA-NEIN, 1993, Acryl auf Leinwand // rechts: Fritz Kunibert, ohne Titel, 2002, Acryl auf Leinwand

Erik Stephan (Kurator der Kunstsammlung Jena) über eine neue, besondere Ausstellung

Am 20.09.2019 wird im TRAFO (Nollendorfer Str. 30) unter dem Titel FORUM KONKRETE KUNST eine Ausstellung mit Kunstwerken aus dem Bereich der Konkreten Kunst eröffnet. Was ist das?

Im eigentlichen Sinne ist Konkrete Kunst eine Kunst, die nicht Vorhandenes abstrahiert, sondern auf mathematisch-geometrischen Grundlagen basiert. Im Idealfall handelt es sich um geistige Schöpfungen, die nicht der Natur entlehnt sind und keine symbolischen Bedeutungen transportieren. Vielen Kunstwerken liegt ein wissenschaftliches Denken zu Grunde, dass sich beispielsweise der Erforschung geometrischer Gesetzmäßigkeiten, den Farben, Formen und deren Zusammenspielen widmet.

links: Hellmut Bruch, Spiegelung Quadrat im Kreis, 1993, Acryl auf Edelstahl
rechts: Richard Bell, Colour Properties 55, 2003, Öl auf Leinwand

Der Ausstellung geht eine lange Geschichte voraus: Das FORUM KONKRETE KUNST ist eine Sammlung von rund 150 Werken der Konkreten Kunst von knapp 100 Künstler aus 15 Ländern, die von 1993 bis 2018 in der Klosterkirche St. Peter und Paul auf dem Erfurter Petersberg beheimatet war. Von Beginn an ging der Gedanke eines „Forums“ weit über das Ausstellen von Kunstwerken hinaus und intendierte Austausch, Begegnung und Auseinandersetzung mit einer Welt, die nach der deutschen Wiedervereinigung weit und offen war. Neben einer permanenten und sich wandelnden Ausstellung von Dauerleihgaben der KünstlerInnen fand man hierfür in den jährlich stattfindenden Symposien das passende Veranstaltungsformat. Kunsthistoriker, Künstler­Innen, Naturwissenschaftler oder auch Philosophen hielten Vorträge und regten Diskussionen an. Die Ergebnisse der Symposien wurden in einer Schriftenreihe publiziert und sind Zeugnis einer langjährigen, engagierten Arbeit mit der Sammlung. Durch die geplante Umnutzung der Klosterkirche St. Peter und Paul kam es schließlich im November 2016 zur Schließung der Ausstellung auf dem Erfurter Petersberg.

Der allseitige Wunsch, das FORUM KONKRETE KUNST im Freistaat Thüringen zu erhalten, mündete in einen gestaffelten Prozess, dessen Abschluss die Beheimatung der Sammlung in Jena ist. Für diese Wahl spricht nicht nur die aktuelle, offene und interna­tionale Ausrichtung der Universitätsstadt, die sich auch im Ausstellungsprogramm der Kunstsammlung Jena widerspiegelt, sondern auch die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Es war Theo van Doesburg, der 1924 den Begriff der „Konkreten Kunst“ einführte und der während seiner Lehrtätigkeit am Bauhaus im Leiter des Jenaer Kunstvereins, Walter Dexel, einen Verbündeten fand. Im März 1922 war Doesburg mit seinem Vortrag „Der Wille zum Stil“ erstmals Gast in Jena, nur wenige Monate später initiierte er – zusammen mit Tristan Tzara, Hans Arp, Kurt Schwitters und seiner Frau Nelly – den ersten großen Dada‑Abend in Jena. Die Freundschaft mit Walter Dexel war bis zum Ende der Weimarer Republik ein Nährboden für ein Ausstellungspro­gramm, das den neuen Richtungen der Kunst – von der Abstraktion bis zu gegenstands­freien, geistigen Manifestationen – sehr aufgeschlossen begegnete. Nirgendwo sonst in Mitteldeutschland gab es in dieser Zeit, noch während der „Geburt“ der Konkreten Kunst, eine so offene Hinwendung zu den neuesten Formen der Kunst. Dass Walter Dexel hierfür kaum Lob aber viel Kritik erntete, überrascht kaum und gleicht den „Kämpfen“ um den Expressionismus, als dieser in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg das Jenaer Ausstellungsprogramm erobert hatte. 

links: Andrej Dtuzniewski, Die Erde, der Wald, der Himmel, der Fussboden, die Wand, die Decke, 1993, MDF // rechts: Ulrich Barnickel, Raumstaben, 2003, Stahl

Für die Ausstellung im TRAFO wurde die Sammlung neu sortiert, inhaltlich und konservatorisch gesichtet und in einer Auswahl von rund 50 Werken aufbereitet. Genau dort, von wo ab 1901 das neu erbaute Jenaer Damenviertel mit Elektroenergie versorgt wurde, ist nun das FORUM KONKRETE KUNST zu Hause. Das Industriegebäude diente den Jenaer Museen bereits in den 1990er-Jahren als Magazin und ist heute als Ort der alternativen Kulturszene über Jena hinaus bekannt. Mit einer temporären Ausstellung wird das FORUM KONKRETE KUNST nun für vier Wochen ein Kulturangebot bereichern, welches durch Musik, Lesungen und Workshops schon lange kein Geheimtip mehr ist und durch die Ausstellungen im alten Straßenbahndepot auch der bildenden Kunst eine Bühne bereitet hat.   

Unter dem Dach von JenaKultur und der Kunstsammlung Jena wird das FORUM KONKRETE KUNST fortan bearbeitet, gepflegt und in das Ausstellungsprogramm einbezogen. Für die engagierte Hilfe bei der Realisierung der Ausstellung und des Begleitprogramms danken wir den Vereinen „Ein Kunsthaus für Jena e. V.“ und „In’s Netz e. V.“. Für die freundliche Förderung der Ausstellung danken wir der Impulsregion Erfurt – Jena – Weimar – Weimarer Land, dem Innovationsfond der Stadt Jena/JenaKultur und dem Freistaat Thüringen.

Die Ausstellung ist vom 21. September bis 20. Oktober 2019 zu sehen.

Zur Eröffnung am Freitag, 20. September 2019 um 19 Uhr, laden wir Sie, Ihre Familie und Ihre Freunde herzlich ein, die Werke der über 40 Künstler zu betrachten und mit uns ins Gespräch zu kommen.

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