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10 Grundsätze
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Die Erarbeitung der 10 Grundsätze

Nach dem Beschluss zur Wiederaufnahme der Planungen begann deutschlandweit die Suche nach einem Büro, das sowohl Erfahrungen im Städtebau, als auch in der Moderation konfliktbehafteter Prozesse hat. Das Büro StadtLabor aus Leipzig überzeugte mit der Idee eines Werkstattgremiums, besetzt aus Vertretern der Stadtgesellschaft, der Politik und der Verwaltung, vor allem aber mit dem Vorschlag einer „Phase 0“. Von August bis Oktober 2015 führte StadtLabor über 20 Einzelgespräche mit den bisher am Verfahren Beteiligten. Ziel war es, offen und neutral mit Vertretern aus den Bürgerinitiativen, aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung über die bisherigen Erfahrungen und Vorstellungen zu einem neuen Planverfahren zu sprechen. So erhielt das Büro einen umfassenden Einblick in das 2014 gescheiterte Verfahren und konnte zugleich einen neuen Dialog zwischen den Bürgerinitiativen und der Verwaltung eröffnen. Mit einer öffentlichen Auftaktveranstaltung, an der etwa 200 Interessierte teilnahmen, startete am 30.10.2015 der neue Prozess zur Entwicklung des eichplatzareals.

Das Themenspektrum der Auftaktveranstaltung erstreckte sich von allgemeinen Grundsätzen und Fragen zu Nutzungen, Städtebau & Architektur, Verkehrsorganisation, Maß/Verhältnis von Bebauung zu Freiraum bis hin zu Möglichkeiten der Umsetzung. Aufgrund der Fülle an Themen einigten sich die Teilnehmer auf eine zusätzliche Werkstatt im Januar 2016. Die in den beiden Veranstaltungen erarbeiteten Ergebnisse wurden von den Teilnehmern zu 10 Grundsätzen formuliert und in einer Veranstaltung des Werkstattgremiums am 25.02.2016 abgestimmt. Dabei sind alle Aspekte eingeflossen, für die es eine weitgehende Übereinstimmung gab. Am 04.03.2016 fand eine zusätzliche Beteiligungsveranstaltung mit Jugendlichen verschiedener Schulformen statt. Auch die dabei gewonnenen Erkenntnisse flossen in die Grundsätze ein. In einer Präsentationsveranstaltung im März 2016 wurden die Grundsätze der Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt. Am 27.4.2016 wurden sie vom Stadtrat beschlossen und sind seitdem eine wichtige Grundlage für das gesamte Verfahren.

Die 10 Grundsätze für das eichplatzareal PDF, 1.69 MB

Die 10 Grundsätze
im Wortlaut

1. Das eichplatzareal soll zu einer attraktiven, lebendigen Mitte von Jena werden und hohe Aufenthaltsqualität besitzen.

Das eichplatzareal soll entwickelt und gestaltet werden, da der gegenwärtige Zustand unbefriedigend ist.

Wie die gesamte Stadtmitte soll es ein Ort für alle Generationen und sozialen Schichten werden. Bürgerinnen und Bürger der Stadt Jena, genauso wie Besucherinnen und Besucher jeden Alters sollen sich hier gerne aufhalten und die verschiedenen Angebote nutzen.

Das eichplatzareal soll durch seine städtebaulich-architektonische Gestaltung eine Besonderheit für Jena darstellen und überregionale Ausstrahlung besitzen.

Diskutiert wurde eine mögliche Berücksichtigung des Themas Lichtstadt und ob das Areal eine besondere symbolische Bedeutung für die Stadt Jena erlangen sollte.

2. Die Entwicklung des eichplatzareals darf nicht isoliert betrachtet werden: In den nächsten Jahren werden in der Innenstadt mehrere Standorte entwickelt, auch für öffentliche Funktionen.

Das eichplatzareal eignet sich als gesamtstädtischer und regionaler Anziehungspunkt für zentrale Funktionen. Zudem sollen die öffentlichen Räume und Freiflächen mit hoher Aufenthaltsqualität zu flexibler Nutzung einladen. Dabei müssen nicht alle gewünschten Nutzungen direkt auf dem eichplatzareal angesiedelt werden, sondern können sinnvoll auf die gesamte Stadtmitte verteilt werden.

Allein die aktuellen Überlegungen und Planungen zeigen, wie viel Potenzial in Baulücken und freien Flächen zur Weiterentwicklung und Umstrukturierung in Jenas Stadtmitte steckt.

So ist die noch unbebaute Fläche im Bereich Engelplatz/Neugasse für kulturelle Zwecke vorgesehen, zumal sie sich wegen der alljährlichen Kulturarena nur bedingt zum Wohnen eignet. Dort könnten Einrichtungen wie die Ernst-Abbe-Bibliothek oder ein Bürgerhaus angesiedelt werden.

Das Volkshaus wird nach der Sanierung neben einer Nutzung für die Philharmonie möglicherweise auch als Kongresszentrum genutzt werden können.

Am Inselplatz wird der neue Campus der Universität entstehen.

Die ehemaligen Universitätskliniken im Bachstraßenareal eignen sich für eine gemischte Nachnutzung mit dem Schwerpunkt Wohnen. Unter weitestgehender Erhaltung des denkmalgeschützten Baubestandes sollen zudem Angebote für Gewerbe, Existenzgründer, Coworking, Kultur und Gastronomie entstehen. Durch die unmittelbare Nähe zur Grete-Unrein-Schule wäre es auch ein potenzieller Platz für ein Jugendzentrum.

Grundstücke wie z. B. Am Rähmen, hinter dem Volksbad, in der Jenergasse oder zwischen Stadtkirche und Universität bieten sowohl privaten Entwicklern als auch der öffentlichen Hand Entwicklungspotenziale, unter anderem für innerstädtisches Wohnen, aber auch für andere Nutzungen.

Dem eichplatzareal kommt durch seine zentrale Lage eine besondere Rolle zu. Sein Potenzial besteht darin, Nutzungen zu ermöglichen, die für die gesamte Stadt und das Umland interessant sind, und zugleich öffentliche Räume mit hoher Aufenthaltsqualität anzubieten.

3. Die Stadt soll rechtlich verbindliche Möglichkeiten sichern, um auf die Entwicklung am Eichplatz auch zukünftig Einfluss zu nehmen.

Das Eigentum der Stadt Jena am gesamten eichplatzareal wird als sehr wertvoll empfunden. Vor allem birgt es die Chance einer langfristigen Einflussnahme der Stadt auf die Entwicklung. Dies kann sowohl über planerische Festsetzungen als auch über individuelle Vereinbarungen mit Bauwilligen in Kauf- oder Pachtverträgen erfolgen. Dabei steht das städtische Eigentum bei öffentlichen Räumen außer Frage. Unter Umständen ist die Sicherung öffentlicher Wegebeziehungen auch bei der Veräußerung von Flächen sinnvoll und erforderlich.

Die im Beteiligungsverfahren erarbeiteten Planungsziele sollen durch entsprechende Bedingungen in den Erbbaupacht- bzw. Kaufverträgen gesichert werden.

Diskutiert wurde auch die Möglichkeit, dass Bürger oder Bürgergruppen selbst als Akteure und Investoren auftreten können.

4. Das eichplatzareal soll sich durch eine Mischung vielfältiger Nutzungen auszeichnen. Dazu gehören ein kleinteiliger Branchenmix besonders in den Erdgeschossen und ein ausgewogenes Verhältnis von Wohnungen verschiedener Größen und Preiskategorien.

Der Wunsch nach einem Nutzungsmix zieht sich wie ein roter Faden durch alle Diskus-sionen zum eichplatzareal. Dies umfasst den Einzelhandel, Gastronomie, Wohnen, Büros, Hotels usw. Die Angebotsvielfalt soll sich dabei auch in den Flächengrößen widerspiegeln, wobei großer Wert auf Kleinteiligkeit gelegt wird. Ein solcher Nutzungs- und Angebotsmix entspricht dem Charakter der Jenaer Innenstadt.

Insbesondere bei den Wohnangeboten wird eine große Vielfalt für möglichst unterschiedliche Zielgruppen angestrebt. Mit Hilfe der Wohnungsbauförderung sollen auch preisgünstige Wohnungen entstehen und damit zu einer sozialen Mischung sowie zu einer besseren Akzeptanz des Vorhabens beitragen.

Neben den vielfältigen Gebäudenutzungen soll auch der öffentliche Raum zu einer flexiblen Nutzung einladen.

Die aktuelle Nutzung durch den Wochenmarkt muss auch zukünftig gewährleistet bleiben. Kleinere Veranstaltungen und Märkte sind auf dem Areal möglich.

5. Neben der Bebauung soll eine zusammenhängende Freifläche entstehen, die vielfältige und wechselnde Nutzungen zulässt. In die Gestaltung sind Wasser und Spielmöglichkeiten einzubeziehen.

Das eichplatzareal soll in einem ausgewogenen Verhältnis von bebauten Flächen und öffentlichen Räumen entwickelt werden. Zentraler Bestandteil der Planung soll die Schaffung einer zusammenhängenden Freifläche als ein öffentlicher, frei zugänglicher Aufenthaltsort zum Wohlfühlen, ein Platz für Menschen, Feste und Begegnung sein. Sitzflächen, Spielmöglichkeiten und Wasser bieten Raum zur Erholung und für soziale Kontakte ohne Konsumzwang.

In die zusammenhängende Freifläche können die umgebenden Straßen geschickt in die Gestaltung einbezogen werden. Freifläche, Bebauung und Grünflächen können sich durchdringen, sofern die flexible Nutzbarkeit gewährleistet ist.

Vorhandene Bäume werden nach Möglichkeit erhalten und sollen in die Gestaltung der Freifläche einbezogen werden. Bei entsprechendem Ausgleich vor Ort kann das Grün neu strukturiert werden. Die Frei- und Grünflächen tragen zu einem günstigen Mikroklima bei.

Der Freiflächenanteil, die exakte Lage der zusammenhängenden Freifläche und die Aufteilung sind ausführlich und heiß diskutiert worden. Eine genaue Flächengröße wurde von den Teilnehmern letztlich nicht vorgegeben, da es stark von den städtebaulichen und architektonischen Entwürfen abhängen kann, ob eine Freifläche einer bestimmten Größe als ausreichend empfunden wird oder nicht. Auch wäre es denkbar, Bebauung und Freifläche miteinander zu verweben. Eine weitere Annäherung an Aufteilung und Größe der Flächen ist ein wichtiges Thema künftiger Planungen. Dabei sollten die Themen nutzbarer, bespielbarer, öffentlicher Raum und zusammenhängende Freifläche ein größeres Gewicht haben als in den bisherigen Entwürfen.

6. Das eichplatzareal soll eine eigene, vielfältige und qualitätvolle städtebaulich-architektonische Prägung erhalten: Sie kann in der Höhe variieren, Kleinteiligkeit ist gewünscht, auch Schrägdächer sind möglich. Sichtachsen auf markante Punkte sind eine wichtige Facette.

Die städtebauliche und architektonische Gestaltung des eichplatzareals soll sich durch Vielfalt auszeichnen und ein unverwechselbares Gesicht erhalten. Dabei sollte auch das Thema nachhaltiges und energieeffizientes Bauen, ggf. auch mit begrünten Dachflächen, berücksichtigt werden. Eine historisierende Bebauung des Eichplatzes, beispielsweise durch Kopien historischer Fassaden, wird abgelehnt. Die Höhe der Bebauung kann zwischen den historischen Gebäuden und den Hochhäusern vermitteln. Eine kleinteilige Bebauung ist ebenso möglich wie eine Gestaltung mit Schrägdächern. Offenheit und Helligkeit sollen durch ein angemessenes Verhältnis von Straßenbreite und Gebäudehöhe gesichert werden. Außer der Bebauung soll eine zusammenhängende Freifläche entstehen. Darüber hinaus sollte der Umgang mit dem Turmsockel des Einkaufscenters „neue mitte jena“ in die Betrachtungen einbezogen werden.

An der Johannisstraße ist eine mögliche Bebauung in der weiteren Planung besonders sensibel zu bearbeiten. Hier zeigte sich in der Diskussion ein uneinheitliches Meinungsbild. Einigkeit bestand im Erhalt der Blickachse auf die Stadtkirche. Viele Teilnehmer halten zumindest eine teilweise Bebauung an der Südseite der Johannisstraße für möglich. Zugleich wurde aber auch auf die bestehenden Qualitäten mit Straßengrün und auf die Balkonsituation dieser Straße hingewiesen.

Für die Lage der gewünschten zusammenhängenden Freifläche gab es keine Präferenz, allerdings konnte sie sich niemand an der Kollegiengasse vorstellen.

7. Das gesamte Areal soll oberirdisch autofrei sein. Für Fußgänger entsteht ein engmaschiges öffentlich zugängliches Wegenetz, Radverkehr wird auf Hauptachsen konzentriert. Pkw-Parken wird in einer Tiefgarage realisiert.

Das eichplatzareal besitzt durch seine zentrale Lage in Jena eine hervorragende ÖPNV-Erschließung. Attraktive Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger sollen durch ein öffentlich frei zugängliches Wegenetz durch das gesamte Areal geschaffen werden. Der Lieferverkehr kann oberirdisch zeitlich begrenzt zugelassen werden. Einigkeit bestand darüber, dass für das Pkw-Parken eine Tiefgarage gebaut werden soll. Oberirdisches Parken, auch Kurzzeitparken, wird abgelehnt. Kurzzeitparken und Familienparkplätze sollen in der Tiefgarage entstehen. Die Anzahl der Zufahrten ergibt sich aus der Zahl der Stellplätze. Fragen der Garagengröße, Kapazität und Verkehrsorganisation hängen stark von der künftigen Nutzung und Bauentwicklung ab.

Die Erreichbarkeit einzelner Ziele oder Gebäude für Behinderte unterliegt gängigen Regelungen.

8. Die Entwicklung und Bebauung des eichplatzareals muss wirtschaftlich realisierbar sein. Unterschiedliche Investoren und genossenschaftliche Modelle sind erwünscht.

Eine wirtschaftlich tragbare Realisierbarkeit wird für die Umsetzung der Bebauung des Areals als eine der Grundbedingungen angesehen. Alternative Finanzierungsmöglichkeiten, z. B. durch Querfinanzierung, sollten beispielsweise für weniger rentierliche, aber nachgefragte Nutzungen berücksichtigt werden. Um diese Ziele zu erreichen, werden sie mit dem jeweiligen Vorhabenträger vertraglich festgehalten.

Unterschiedliche Investoren sind für die Entwicklung des eichplatzareals erwünscht, z. B. Jenaer Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften, Bauherrengemeinschaften, Privatinvestoren und andere.

Sofern es wirtschaftlich möglich ist, sollten der Bau und das Betreiben der Tiefgarage durch die Stadt Jena erfolgen.

9. Die Entwicklung des Areals kann in zeitlich sinnvollen Einzelschritten erfolgen. Unbebaute Flächen sollen einladend gestaltet und sinnvoll nutzbar sein.

Ein großes Potenzial wird darin gesehen, auch für eine schrittweise Entwicklung des Gebiets offen zu bleiben. Damit können Spielräume und Flexibilität für zukünftige Entwicklungen der Stadt erhalten werden. (Vorübergehend) nicht bebaute Teilflächen sollen dennoch sinnvoll nutzbar, gepflegt und gestaltet sein, z. B. durch temporäres Grün oder als Freifläche.

Auch bei einer nur teilweisen Bebauung dürfen keine längerfristig unattraktiven oder nicht nutzbaren Flächen entstehen.

Maßnahmen im angrenzenden öffentlichen Raum, welche die zukünftige Entwicklung nicht behindern, wie z. B. die Umgestaltung des Kirchplatzes, können bereits vorab durchgeführt werden.

Bis zu einer Entwicklung des eichplatzareals sollte durch geeignete Maßnahmen, wie z.B. Pflege der Grünfläche und Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Situation verbessert werden.

10. Die Planung und Entwicklung des eichplatzareals erfolgt in einer hohen Prozessqualität unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, Politiker und Akteure.

Das eichplatzareal hat eine lange Planungsgeschichte. Aus diesen vielfältigen Erfahrungen ergibt sich, dass die Entwicklung des Areals mit einer transparenten und schrittweisen Begleitung einhergehen muss. Ausgehend von den Grundsätzen folgt die Erarbeitung eines städtebaulichen Rahmenplanes unter Hinzuziehung von Fachleuten. Dieser Rahmenplan entwickelt Vorschläge für ein räumlich-funktionales Leitbild, das Möglichkeitsräume offen lässt. Die Entwicklung einzelner Bauvorhaben soll dann durch architektonische Qualifizierungsverfahren (z. B. Wettbewerbe) präzisiert werden.

Wichtige Kriterien für das weitere Verfahren sind Vertrauen, Sachlichkeit und Transparenz sowie die politische Legitimierung einzelner Schritte durch Stadtratsbeschlüsse. Der Prozess wird extern moderiert und durch den eingeführten Teilnehmerkreis aus den Werkstätten und die Öffentlichkeit begleitet.

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