Zu Fuß
Die geografische Grundstruktur der Stadt Jena (bandartig im Saaletal gelegen, im wesentlichen zwei Siedlungsschwerpunkte) ist für das „Zufußgehen“ im Vergleich zu kompakteren Stadtstrukturen eigentlich eher ungünstig. Im Ergebnis der regelmäßigen repräsentativen Verkehrsbefragungen (SrV) ist allerdings festzustellen, dass die Stadt Jena beim Anteil der Fußwege mit 35 % (sog. Wegeanteile) einen bundesweiten Spitzenplatz einnimmt. Die Gründe hierfür sind komplex und wirken sich im Verbund günstig auf den umweltfreundlichsten Verkehrsanteil am Modal Split aus.
Stadt der kurzen Wege
Das Leitbild der "Stadt der kurzen Wege" ist in den "Leitlinien Mobilität in Jena 2030" verankert und zielt auf verkehrssparende Raum- und Siedlungsstrukturen (Qualitätsziel 2). Durch Funktionsmischung und Verdichtung wird der Zersiedlung entgegengewirkt und Wege auf die Verkehrsmittel des Umweltverbundes gelenkt. Die Leitlinien Mobilität (PDF) formulieren dazu in fünf Unterpunkten folgende Handlungsziele:
2.1 Stärkung der Innenstadt und der Stadtteilzentren als Handels-, Dienstleistungs- und Wohnstandorte entsprechend ihres jeweiligen Potenzials
2.2 Verbesserung der Nahversorgung und der zugehörigen Verkehrswege
2.3 Berücksichtigung von verkehrsmindernden Nutzungs-, Bau-, Verkehrs- und Mobilitätskonzepten im Flächennutzungsplan sowie in Bebauungsplänen und Satzungen
2.4 Kleinräumige Vernetzung, Verknüpfung und Durchmischung von Wohnquartieren, Arbeits- und Versorgungsstandorten sowie Freizeit- und Erholungsbereichen im FNP verankern
2.5 Verbesserung der Erreichbarkeit städtischer Teilräume untereinander und mit der Innenstadt mit den Verkehrsarten der Nahmobilität im Umweltverbund mit dem ÖPNV
Verbesserung der Infrastruktur
Maßnahmen
- Verbesserungen im Damenviertel (Markierungen in Kreuzungsbereichen, Umwandlung Pkw-Stellplätzen in "Fahrrad-Parkplätze",
- Schaffung von Querungshilfen (Leutragraben, Fürstengraben),
- Geschwindigkeitsreduzierungen im kfz-Verkehr (Löbdergraben, Leutragraben)
Sowohl mit den im Modellstadtprojekt aufgezeigten Maßnahmen, als auch durch Initiativen des Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), des Klimaschutzbeirates, sowie Beschlüsse von Ortsteilräten wurden zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Bedingungen für den Fußverkehr formuliert. Deshalb werden verstärkt finanzielle Mittel in die Verbesserung von sogenannten Fußgängerverkehrsanlagen – d. h. Fußgängerüberwege (Zebrastreifen), Fußgänger-Ampeln, Fahrbahnteiler zum sicheren Überqueren der Straße, Fußwegverbreiterungen, Entflechtung von Rad- und Fußgängerverkehren - investiert.
An der Angerkreuzung wurde die fehlende Fußgängerfurt über die Wiesenstraße ergänzt, An der Haltestelle Felsenkeller wurde ein Radweg errichtet, Querungshilfen wurden im Fürstengraben und Leutragraben gebaut, der Nollendorfer Platz wurde durch neue Markierungen umgestaltet sowie durch eine Diagonalquerung für Fuß- und Radverkehr verbessert, im Damenviertel wurden die Kreuzungsbereiche durch Markierung übersichtlicher gestaltet. Nicht zuletzt durch die erweiterten Geschwindigkeitsreduzierungen im Bereich des Grabenringes wurden die Querungsmöglichkeiten für Fußgänger und Radfahrer auch hier weiter verbessert.
Ziele
Seit 1991 (45%) ist der Fußwegeanteil in Jena kontinuierlich gesunken, nur zu geringen Teilen lag dies am steigenden MIV-Anteil (Motorisierter Individualverkehr), zum überwiegenden Teil erfolgte die Umverteilung zugunsten des Radverkehrs. Der Anteil der Fußwege am täglichen Wegeaufkommen betrug im Jahr 2018 noch 35,3%. Damit belegt Jena unter allen SrV-Städten jedoch immer noch einen Spitzenplatz. (SrV - System repräsentativer Verkehrsbefragungen).
Das Ziel, den Gesamtanteil des Umweltverbundes (Fußverkehr, Rad, ÖPNV) zu stabilisieren und wieder auszubauen, ist wichtiger Bestandteil der Leitlinien Mobilität.
Pilotprojekt Fußverkehrsstrategie
2016 von insgesamt siebzig Bewerbungen als eine der fünf Modellstädte zur Erarbeitung von Grundlagen für einen „Handlungsleitfaden für kommunale Fußverkehrsstrategien“ ausgewählt. Das vom Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e. V. durchgeführte bundesweite Projekt wird durch das Umweltbundesamt (UBA) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) finanziell unterstützt. Es wurden also keine städtischen Mittel benötigt.
2017 wurden Begehungen und Fachtreffen durchgeführt, um die Situation der Fußgängerinnen und Fußgänger in Jena zu erfassen und erste Vorschläge für Verbesserungen zu erarbeiten. In Priorität gesetzt wurde die Erarbeitung eines Fußwegenetzes und deren Lückenschlüsse, in dem die Überwindung der Verkehrsachse westlich der Saale und entsprechende Querverbindungen in die Innenstadt und zu den anderen Stadtteilen eine zentrale Rolle einnehmen soll.
Für die Verkehrsachse vom Bahndurchgang Kulturpark „Rasenmühle“ bis zur Camsdorfer Brücke wurden teilweise konkrete Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Darüber hinaus wurden zahlreiche weitere Vorschläge und Wünsche eingebracht wie z. B. ein Wegweisungssystem und die bessere Ausleuchtung der Bahnunterführungen. Die Aufzeichnung der Ergebnisse des Fußverkehrschecks, einer gemeinsamen Ortsbegehung mit Diskussionen über mögliche Verbesserungen sowie der beiden Workshops finden Sie hier.