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Kollege, Freund & Gastgeber

Eduard Rosenthal

I.IX Kollege, Freund & Gastgeber

Als Eduard Rosenthal im Jahr 1880 die Saalestadt Jena erreicht, findet er in der Universität und über ihre Grenzen hinaus rasch seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt.

Dabei empfindet Rosenthal die Universität schnell als einen Ort, an dem zu seiner Freude kein steifer Geheimratston vorherrscht, der ihn als jüngeren Kollegen ausschließen würde. Das Gegenteil ist der Fall: Angesehene Professoren, wie Georg Meyer, Otto Wendt und Berthold Delbrück laden ihn zu Gesprächen und Wanderungen in der Umgebung ein. Sein freundliches und gewinnendes Wesen, seine Offenheit und Aufgeschlossenheit anderen Menschen gegenüber, die temperamentvolle und kluge Art seines wissenschaftlichen Disputes lassen ihn neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten und seinem sozialen Engagement zu einem geschätzten und geachteten Kollegen werden. So gehört Rosenthal ohne Zweifel zu jenen Universitätsprofessoren, die sich zeitlebens zwar wohl wissenschaftliche und politische Gegner, niemals aber persönliche Feinde machen sollten.

 

E. Rosenthal über sein Ankommen in Jena Als Text lesen

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Im Kreis der Universität

Eduard Rosenthal, der Freund

Die Gastfreundschaft der Rosenthals

Im Kreis der Universität

Zu Beginn seiner Karriere an der Jenaer Universität sind es zunächst die Dozenten und Professoren der Juristischen Fakultät, bei denen sich Rosenthal großes Vertrauen und Anerkennung erarbeitet, sodass sich zu ihnen rasch ein respektvolles kollegiales Verhältnis entwickelt. Als junger, unverheirateter Dozent nimmt Rosenthal zudem regelmäßig an der Junggesellenrunde im städtischen Hotel Schwarzer Bär teil, um auch über seine Fakultät hinaus Kontakt knüpfen zu können. Dozenten aller Fachgebiete nehmen hier ihre Mahlzeiten ein und tauschen sich in ungezwungener Atmosphäre aus.

Nach seiner Berufung zum Ordentlichen Professor erwirbt sich Rosenthal insbesondere durch seine Tätigkeiten als Dekan, Prorektor, Senatsmitglied und Abgeordneter der Universität im Weimarischen Landtag die Wertschätzung von Wissenschaftlern aller Fakultäten. Dabei zeichnet ihn zweifelsohne seine Offenheit für andere Positionen und Perspektiven aus. Nach Sitzungen der Staatswissenschaftlichen Gesellschaft oder der Historischen Kommission pflegt er es, im Kreis interessierter Kollegen Anregungen und Ratschläge aufzugreifen und offen zu debattieren.

Rosenthal gehört zudem zum Kern jener Professoren, die sich einmal oder mehrmals pro Woche zum legendären Professorenspaziergang treffen. Die Spaziergänge und die anschließenden Kaffee-Runden können als eine Mischung aus Fachgesprächen, kleinen Dienstbesprechungen und der Vertiefung persönlicher Bekanntschaften beschrieben werden. Die Professoren spazieren zum Forst, zum Bismarck-Turm oder zur Schweizerhöhe. Die Wanderungen bieten Gelegenheit für vielfältige fachliche oder politische Gespräche. Nicht selten lassen die Professoren auch ihrem Unmut über die universitären Zustände freien Lauf. Der Historiker Alexander Cartellieri spricht im Zusammenhang mit der Kollegialität an der Universität »von einer im Kern liberalen Gelehrtenrepublik«, die sich über alle politischen Zäsuren hinweg gehalten habe. Weltanschauliche Gegensätze seien toleriert und akademische Standesunterschiede ignoriert worden.

 

Tagebuchauszug Alexander Cartellieri vom 16.12.1906 Als Text lesen

Tagebuchauszug Alexander Cartellieri vom 15.01.1922 Als Text lesen

Heinrich Gerland an E. Rosenthal am 29.05.1922 Als Text lesen

Tagebuchauszug Alexander Cartellieri vom 04.07.1926 Als Text lesen

Eduard Rosenthal, der Freund

Zwischen Rosenthal und einigen seiner Kollegen entwickelt sich zeitlebens ein inniges freundschaftliches Verhältnis. Dies gilt zunächst für Berthold Litzmann, der von 1886 bis 1892 eine außerordentliche Professur für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Universität Jena inne hat. Litzmann lernt Rosenthal beim gemeinsamen Mittagstisch im Schwarzen Bären kennen. In seinen Lebenserinnerungen attestiert er Rosenthal vielseitiges Wissen, stets waches Interesse, ein kluges Urteil und einen feinen Geschmack in künstlerischen und literarischen Dingen. All das habe sich bei ihm mit einer Charakter- und Herzensbildung zu einer harmonischen Einheit verbunden, wie sie ihm weder früher noch später begegnet seien. Oft besucht Litzmann die jungen Eheleute Rosenthal und liest ihnen Gedichte vor, die ihn zuvor besonders berührt hatten.

Auch zu Rosenthals juristischen Kollegen Hans Fehr und Heinrich Gerland bestehen zunächst gute kollegiale Verbindungen, die sich im Laufe der Jahre zu freundschaftlichen Beziehungen entwickeln. Rosenthal und Hans Fehr verbinden neben fachlichen vor allem künstlerische Interessen sowie das gemeinsame Engagement im Jenaer Kunstverein. Mit Heinrich Gerland arbeitet Rosenthal mehr als zwanzig Jahre an der Juristischen Fakultät zusammen. Aus dem einstigen Lehrer und Kollegen Eduard Rosenthal wird für Gerland immer mehr der enge Freund, mit dem er ähnliche wissenschaftliche und politische Ansichten teilt.

Nicht zuletzt ist Rosenthal über vierzig Jahre mit dem Syntaxforscher und Indogermanisten Berthold Delbrück befreundet. Beide schätzten einander als Wissenschaftler und führen miteinander lange, ernsthafte Gespräche, in denen sie Meinungen und Argumente austauschen und schärfen. Berthold Delbrück gilt zeitlebens als der engste Freund des Ehepaars Rosenthal.

E. Rosenthal an Clemens von Delbrück am 02.09.1918 Als Text lesen

Aus den Erinnerungen von Bertold Litzmann Als Text lesen

Die Gastfreundschaft der Rosenthals

Der Status des Professors – und erst recht der des Prorektors – ist für Rosenthal mit weitreichenden repräsentativen Pflichten verbunden. So erscheint es zwar naheliegend, zugleich jedoch durchaus nicht selbstverständlich, dass Clara und Eduard Rosenthal ein offenes und stets gastfreundliches Haus führen. Zweifelsohne gelingt es den Rosenthals, ihrem Haus die Aura eines guten Ortes zu verleihen. Beide verstehen es, sich ihren Gästen zuzuwenden und mit ihnen interessante, angenehme Gespräche zu führen, sodass sich diese bei ihnen in kleinen Runden oder größeren Gesellschaften wohl fühlen.

Das Haus der Rosenthals soll sich schnell zum kulturellen Mittelpunkt und Forum verschiedener Professionen entwickeln. Künstler, Industrielle und Akademiker kommen hier zusammen. Der Gedankenaustausch zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Perspektiven sowie die Vernetzung der Akteure ist dem Ehepaar Rosenthal stets ein großes Anliegen. Die Professoren Heinrich Gerland, Justus Wilhelm Hedemann, Berthold Delbrück, Alexander Cartellieri, Botho Graef und der Politiker Clemens von Delbrück sind im Hause der Rosenthals ebenso zu Gast wie Elisabeth Förster-Nietzsche, Harry Graf Kessler und Ludwig von Hofmann. Der Dichter Stefan George liest am 14. Dezember 1905 vor den Kunstfreunden von Jena und Weimar aus seinen Gedichten und verbringt im folgenden Jahr ein paar ruhige, arbeitsintensive Tage bei Clara und Eduard, die er sehr schätzt.

Aus den Erinnerungen von Helmut Maurer Als Text lesen