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Einige Bemerkungen zu Meinungen der Piraten im Jenaer Stadtentwicklungsausschuss bezüglich der Lützowstraße – Straßenbaubeiträge
Alles über Beitragserhebung Allgemein Wie Beiträge zu bezahlen sind

Einige Bemerkungen zu Meinungen der Piraten im Jenaer Stadtentwicklungsausschuss bezüglich der Lützowstraße

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Lageplan Lützowstraße mit zwei getrennten Straßenabschnitten – Abbildung © KSJ

Bezüglich der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit gab es ja bereits zuvor einen Artikel in diesem Blog. Nun möchte ich wieder einmal aus Sicht des Leiters der Abteilung Beiträge im Kommunalservice Jena (der auch in dem Bericht erwähnt wurde) einige kommentierende Anmerkungen zu einem Bericht der Jenaer Piraten machen.

Frau Dr. Heidrun Jänchen schreibt hierin u. a.: „KSJ-Mitarbeiter Sauer erklärt: ‚Die Verwaltungsspitze bis hin zum Oberbürgermeister hat sich mit dem Thema beschäftigt.‘ Man könnte meinen, Lichtenhain sei der Nabel der Welt.“

Meine Bemerkung macht Lichtenhain natürlich nicht zum „Nabel der Welt“, sollte aber der Tatsache Ausdruck geben, dass selbst ein kleiner Ortsteil der Lichtstadt Jena (Lichtenhain hat „nur“ rund 1.200 Einwohner, im Gegensatz z. B. zu Neu-Lobeda, Nord, Wenigenjena oder Winzerla mit jeweils deutlich über 11.000 Einwohnern) ernst genommen wird.

Weiter schreibt Frau Dr. Jänchen: „Ortsteilbürgermeister Michael Müller fühlt sich entsprechend geehrt, dass er als Begründung für die Verkürzung der Ausbaustrecke herangezogen wird. Dabei liegt das weggekürzte Drittel im Außenbereich und konnte ohne B-Plan einfach nicht beplant werden.“

Das ist so nicht ganz richtig. Als vorhandene Straße muss bei der Lützowstraße kein B-Plan vorliegen, damit ihr Ausbau geplant werden kann. Der ursprünglich eingebrachte Beschluss sah eine um 1/3tel längere Ausbaustrecke vor, die auch auf Wunsch der Anlieger verkürzt wurde.

„Vor einem Jahr hieß es noch, eine Abschnittsbildung sei gesetzteswidriger Unsinn und wegen des Straßenzustandes nicht zu verantworten“, schreibt Frau Dr. Jänchen und fügt an: „Jetzt auf einmal kann man den oberen Teil ausbauen und den unteren, intakten, so lassen, wie er ist.“

Diese Äußerung kann ich ein wenig präzisieren: Eine Abschnittsbildung wurde von mir nie als „gesetzeswidrig“ bezeichnet; ich berichtete im Stadtentwicklungsausschuss jedoch, dass eine solche nach den Regeln des Beitragsrechts an der geplanten Stelle nicht vorgesehen ist. Das Thüringer Landesverwaltungsamt fand bei einem Vor-Ort-Termin allerdings eine Ausnahme von der Regel und erklärte für die Lützowstraße vor der Kirche eine Abschnittsbildung für praktikabel. – Auch ich irre gelegentlich, wie ich hier gerne zugeben möchte.

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Lageplan Lützowstraße mit allen Grundstücken und einem Herstellungsabschnitt – Abbildung © KSJ

Dann schreibt die Stadträtin der Piraten noch: „Aber einen letzten Versuch macht der Gebührenspezialist von KSJ noch, um uns vom ungeliebten Halbausbau abzuschrecken, indem er die Kosten für die Stadt mit allen Tricks nach oben rechnet. So geht kurioserweise die Inflationsrate ein, falls man den Rest der Straße acht Jahre später baut, nicht aber die Abschreibung auf die vorhandene Straße.“

Der Begriff „Tricks“ ist selbstverständlich auch durch die allgemeine Meinungsfreiheit abgedeckt – ich würde ihn jedoch für meine Person nicht verwenden. Fakt ist, dass die Straße spätestens 2025 zu Ende gebaut werden muss (da sonst eine Abschnittsbildung mglw. unzulässig wäre) und ein Ausbau dann aller Erfahrung nach teurer ist als heute. Die Abschreibung einer Straße hat im Beitragsrecht dagegen keinerlei Einfluss und dient hier nur dazu, feststellen zu können, in welchen Zeitabständen eine Straße beitragspflichtig erneuert werden kann / darf / muss.

„Und warum die Eckgrundstücksermäßigung (für Grundstücke an zwei verschiedenen Straßen gibt es 30 % Bonus) so viel teurer werden soll, nur weil man die Straße in zwei Teile teilt, erschließt sich mir auch nach der Erklärung nicht. Es hängt irgendwie mit der Größe der Eckgrundstücke zusammen, aber wir müssen das ohne detaillierte Zahlen einfach glauben. Eine plausible Rechnung wäre besser gewesen“, schreibt die Stadträtin.

Der untere Teil der Luetzowstraße im Sommer 2015 - Foto 1 © Stadt Jena KSJ
Der untere Teil der Luetzowstraße im Sommer 2015 – Foto © Stadt Jena KSJ

Einerseits dürfen Auswirkungen auf die einzelnen Anlieger bei der Beantwortung der Frage, ob Abschnitte zu bilden sind, keine Rolle spielen – andererseits ist es doch interessant zu wissen. Hier bot ich Frau Dr. Jänchen eine gesonderte Erklärung bei, die ich vorerst mit drei Grafiken liefere. In der oberen Grafik ist die Lützowstraße zu sehen mit zwei getrennten Straßenabschnitten. Im 2017 herzustellenden Teil befinden sich viele und teilweise große Grundstücke, im unteren (= spätestens 2025 herzustellenden) Straßenteil  wenige und teilweise recht kleine Grundstücke. In der mittleren Grafik sieht man die Lützowstraße mit allen Grundstücken und einem Herstellungsabschnitt. Hierfangen – getreu dem Prinzip: große Grundstücke zahlen viel, kleinere zahlen wenig Beitrag – die großen Grundstücke (im oberen Straßenteil) Beitragslasten der kleineren Grundstücke (im unteren Teil der Lützowstraße) auf. Eckgrundstücksvergünstigungen fangen nochmals 1/3tel der hohen, ebenso wie der kleineren Beitragslast ab.

Letztlich erklärt Frau Dr. Jänchen: „Es ging darum, den Grundstückseigentümern zu sagen: Eine Abschnittsbildung könnte im unteren Bereich zu höheren Beiträgen führen – ob das dann so wird, ist eine andere Frage. Erst mal drohen, dann sehen wir weiter.“

Auch hier greift die Meinungsfreiheit zugunsten der Stadträtin – nach meiner eigenen Wahrnehmung waren meine Äußerungen natürlich nicht als Drohung gemeint sondern eher als gut gemeinter Hinweis für den Fall, dass eine Beitragserhebung etwa 2027 zu einer höheren Beitragslast führt, als es z. B. 2018 der Fall wäre, und es dann Beschwerden gibt nach dem Motto: „Warum hat uns darauf vorher niemand hingewiesen?“

gez.

Rainer Sauer

Leiter der Abteilung Beiträge im Kommunalservice Jena

In Jena werden seit 1991 Erschließungs und Straßen(aus)baubeiträge erhoben. Die Abteilung Beiträge am Standort Löbstedter Straße 68 gehört nach der Umstrukturierung des Dezernats Stadtentwicklung seit 01.01.2011 zum Kommunalsevice Jena. Die Mitarbeiter dieser Abteilung sind kompetente Ansprechpartner für die Bürger der Stadt Jena in allen Fragen zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen sowie des Erschließungsbeitrages, wobei diese Beiträge für die Stadt Jena und im Auftrag des Oberbürgermeisters erhoben werden. Wir sind Informationsstelle für Grundstückseigentümer, die von der Stadt Jena an den Kosten der Erneuerung oder Verbesserung ihrer Straße beteiligt werden oder noch beteiligt werden sollen und stellen auf Wunsch Bescheinigungen aus, ob solche Beiträge in der Vergangenheit gezahlt wurden oder nach ausstehen. Interessierten Bürgern werden die Schemata der Beitragsberechnung in Jena erläutert und sie erhalten Antwort auf oft gestellte grundsätzliche Fragen. Zudem können die beiden maßgeblichen Gesetze "Baugesetzbuch" und "Thüringer Kommunalabgabengesetz" nachgelesen werden, dazu die Ortssatzungen zum Beitragsrecht und die maßgebliche Rechtsprechung. Hinweis: Die Gesetzesänderung zur Abschaffung der Straßenbaubeitragserhebung in Thüringen ab dem 01.01.2019 geht einher mit gesetzlichen Regelungen, dass solche Beiträge für Verkehrsanlagen, die vor dem 01.01.2019 fertig gestellt worden sind, trotzdem noch zu erheben sind und von den Beitragspflichtigen gezahlt werden müssen.

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