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Frida Mentz-Kessel – JenaKultur-Blog
Allgemein Kunstsammlung Jena

Frida Mentz-Kessel

Frida Mentz-Kessel, malend am Strand von Ahrenshoop

Eine Künstlerin aus Jena – neu entdeckt

 

Die Kunstsammlung Jena besitzt eine kleine, aber feine, Kollektion an Werken der Künstlerin Frida Mentz-Kessel, die bis 1969 in Jena gelebt hat und einigen älteren Mitbürger:innen noch bekannt ist. Für diese Art nachdrücklicher Erinnerungen hat das „Malweib“ selbst gesorgt, war sie doch oft mit Staffelei und auffälligem Sonnenschutz unterwegs, nicht nur in Ahrenshoop, sondern auch hier in Jena: „Ich könnte nicht auskommen ohne meine Arbeit und so von Herzen ich meinen Jorg (Georg) liebhab, so bin ich doch ebenso stark ein überzeugtes Malweib, vielleicht ist’s ein Unglück und es wird aus keinem was rechtes, aber es ist so wie ich sage.“ (1908).

Im Kunstbesitz der Stadt gibt es vor allem Holzschnitte, deren Motive dem direkten Lebens­umfeld der Künstlerin entlehnt sind. Einige dieser Arbeiten waren gelegentlich ausgestellt, zuletzt 2017 in der Gedächtnisausstellung für Botho Graef, den Spiritus Rector jener Jahre, als Jena vor rund 100 Jahren zu den bedeutenden Schauplätzen der modernen Kunst geworden ist. Die Idee zu dieser Ausstellung entstand erst durch den Kontakt zur Sammlung Hilber in München, die den Nachlass der Künstlerin verwaltet. Erst durch die Bereitstellung dieser (und einiger anderer) Leihgaben wurde unsere Ausstellung überhaupt denkbar und gewann an Kontur. Denn bei Mentz-Kessel gilt wie überall: Erst die Kenntnis über das Werk erlauben Einschätzung und Wertung. In jedem Falle möchten wir mit der Ausstellung dazu beitragen, dass das Werk der Künstlerin einen Platz in der Kunstgeschichte bekommt und hoffentlich auch behält.

Frida Kessel wurde 1878 in Graz geboren und kam 1885 nach Jena, nachdem ihr Vater, Johannes Kessel, als Professor für Ohrenheilkunde an die Jenaer Universität berufen worden war. Ihren ersten Zeichenunterricht erhielt sie schon während ihrer Schulzeit bei Berta Froriep und Prof. Otto Rasch in Weimar. Bereits früh war sie entschlossen, Malerin zu werden und strebte nach geistiger und materieller Unabhängigkeit. Im Januar 1909 konnte sie ihren Wunsch durchsetzen und begann die Ausbildung an einer privaten Zeichenschule in Prag: „Ich bin so aufrichtig glücklich, daß mein Geschick mich nach Prag verschlagen hat. … Nur nach langem Bitten bin ich ,auf kurzen Besuch‘ hingelassen worden, um dann in einer Befreiung, die nur ein gefangener Vogel empfinden kann, wenn er fliegt, jeden Tag arbeiten zu dürfen!“ 1903 durfte sie ihr Studium in München an der renommierten Damenakademie der Akademie für Bildende Kunst bei Max Feldbauer fortführen. Hier hatten auch Gabriele Münter und Käthe Kollwitz zeitweilig studiert. Frida Kessel absolvierte eine strenge, traditionelle Ausbildung, die sie 1910 abschloss.

Geschult an den Grafiken von Thomas Theodor Heine und Olaf Gulbransson, den bekannten Zeichnern der Satirezeitschrift „Simplicissimus“, entwickelte sie eine Vorliebe für eine einfache, reduzierte Formensprache, mit der sie sich bewusst vom Jugendstil absetzte. Ihr bevorzugtes Medium war der Holzschnitt. Bereits in München arbeitete sie auch in Ton und vervollkommnete diese Technik ab 1904 in Bürgel und Meißen. Jedoch blieb der Holzschnitt für sie ein wichtiges, das vielleicht wichtigste, Ausdrucksmittel. „Ich bin jetzt endlich wiedermal fleißig und schneide Holz, daß die Späne fliegen. Das ist ein so fröhliche Arbeit für mich, eigentlich gar keine Arbeit, es macht mich immer lustig.“ schreibt die Künstlerin 1912. Hier konnte sie Abstraktionen wagen und emanzipierte sich von der akademi­schen Kunst des 19. Jahrhunderts. Sie nutzt den Holzschnitt für die Darstellung von Wirklichkeits­ausschnitten und für freundlich-spöttische Schilderungen und Charakteri­sierungen ihrer Zeitgenossen. Dabei grenzen sich ihre Arbeiten klar von Karikaturen ab, denn Hauptinhalt ist stets ein malerischer Wirklichkeits­ausschnitt. Die Elemente heiterer, nie bissiger Komik sind eher beiläufig.

1910 heiratete sie den Historiker Georg Mentz, zog mit ihm endgültig nach Jena und wurde Mutter zweier Töchter. Sie unterhielt Kontakte zum Umfeld des Jenaer Kunst­vereins und gehörte 1924 zu jenen Jenaer Intellektuellen, die sich für den Erhalt des Bauhauses in Weimar einsetzten. In den 1920er Jahren fertigte sie Farbentwürfe für die Apoldaer Stickerei, wirkte an der Ausstattung der Universitätskinderklinik mit und war an Ausstellungen in München, Prag, Leipzig und Dresden beteiligt. In den 1950er Jahren experimentierte sie mit der Technik der Batik. Sie starb 1969 im Alter von fast 91 Jahren in Jena.

In Jena war Frida Mentz-Kessel mehrfach an den Kollektivausstellungen der Jenaer Künstler und Künstlerinnen beteiligt. 1912 waren ihre Werke in der internationalen Künstlerinnen-Ausstellung zu sehen. Mit Blick auf das neue Jahr schrieb sie: „Im Januar wollen wir in dem immer halb sterbenden hiesigen Kunstverein ausstellen. Da Botho Graef, der Archäologe aus der Berliner Malerfamilie stammend, die Kritik schreiben wird, kanns ganz lustig werden.“

Die Antwort Botho Graefs in der Jenaischen Zeitung vom 21. Januar 1912 lautet folgendermaßen: „Frau Frida Mentz-Kessel hat eine Reihe von Holzschnitten ausgestellt, die in Farbe und Bewegung gleich fesselnd sind. Das Porträt ‚Im alten Seidenkleid‘ gehört wohl zu den besten Arbeiten der Ausstellung: das blaugraue Kleid ist außerordentlich fein und die wenigen warmen Töne, die dagegen stehen, heben die Wirkung in vorzüglicher Weise, und das alles lässt den lebendigen Kopf durchaus zur Geltung kommen. Noch interessanter als malerische Leistung ist vielleicht das Porträt ihres Gatten in der vollen Bändigung der Farben Gelb, Grau und Grün zu einem einheitlichen und besonders luftigen Ton, und bei aller Breite der Behandlung ist es ähnlich und charakteristisch.“

Die Kunstsammlung Jena würdigt mit dieser Ausstellung eine weitestgehend unbekannte Künstlerin und präsentiert der Öffentlichkeit ein Werk, das heiter und beschwingt daher­kommt, aber gleichzeitig von großem Können zeugt. Gezeigt wird ein Querschnitt aus ihrem Schaffen – eine Retrospektive, die angesichts ihres wenig gezeigten Werkes mehr als überfällig ist.

Das Hauptwerk der Ausstellung ist auch das zugleich größte Gemälde der Schau: „Meine Familie“ aus dem Jahre 1931. Hier verschränken sich Alltag, Familie und Kunst in einem redenden Werk, dass die Mutter im Zentrum der häuslichen Situation zeigt. Der Mann, ganz Wissenschaftler, liest ein Buch, den Mittelpunkt aber bildet die Mutter in einem neutralgrauen Kleid. Links oben ist das 1929 errichtete Anwesen der Familie zu sehen, ein modernes Wohnhaus, auf das man sicher zu Recht stolz sein konnte. Dieses für die Jenaer Kunstgeschichte wichtige Gemälde wurde der Kunstsammlung Jena im vergangenen Jahr von Dr. Tilman Hilber geschenkt.

Frida Mentz-Kessel, 1955. Foto: Gerhard Vetter
Frida Mentz-Kessel, 1955. Foto: Gerhard Vetter

Entdecken Sie eine Frida Mentz-Kessel, eine Künstlerin aus Jena, von der bislang kaum jemand etwas wusste. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Bis 17. März 2024
Kunstsammlung Jena, Markt 7, Di bis So von 10 bis 17 Uhr
Frida Mentz-Kessel: Malerei, Druckgrafik, Zeichnung, Batik, Keramik

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