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Wortzauber im Herbst – JenaKultur-Blog
Portrait Yande Seck

29. Lesemarathon erstmals in der neuen Ernst-Abbe-Bücherei Jena

Wenn die Blätter fallen und die Abende länger werden, ist es Zeit für Geschichten – und die gibt es reichlich beim 29. Jenaer Lesemarathon, der ab dem 22. Oktober 2024 in der Ernst-Abbe-Bücherei Jena startet. Der Lesemarathon hat Tradition, doch der Veranstaltungsort ist in diesem Jahr neu: Die meisten der 16 Lesungen finden nämlich im Helene-Petrenz-Saal der neuen Ernst-Abbe-Bücherei am Engelplatz statt.

Den Auftakt am 22. Oktober 2024 macht die Jenaerin Kathrin Groß-Striffler, die zwei unveröffentlichte Erzählungen zum Thema „Erinnerung und Gedächtnis“ vorstellt, musikalisch begleitet von Ahmed Hajjar auf der orientalischen Nay-Flöte. Weiter geht es am 24. Oktober mit Mirko Krüger. Der Thüringer Journalist gibt in „Tatort Thüringen – Wahre Verbrechen“ faszinierende Einblicke in die düsteren Kapitel der deutschen Kriminalgeschichte.

Am 25. Oktober präsentiert der frisch für den Deutschen Buchpreis 2024 nominierte Clemens Meyer sein Buch „Die Projektoren“. Darin knüpft er eine Geschichte von Leipzig bis Belgrad, von der DDR bis zur Volksrepublik China. Schonungslos und rasant erzählt dieser Roman von unserer an der Vergangenheit zerschellenden Gegenwart – und von unvergleichlichen Figuren. Die Lesereihe setzt sich am 29. Oktober fort mit Lana Lux und ihrem dritten Roman „Geordnete Verhältnisse“. Die deutsche Schriftstellerin mit ukrainisch-jüdischen Wurzeln nimmt eine Geschichte über Wut und Obsession in den Blick – und eine Frau, die sich weigert, zum Besitztum eines Mannes zu werden.

Erstmalig eine Veranstaltung im Lesemarathon, die sich vor allem an ein jugendliches Publikum richtet, gibt es am 30. Oktober. Jenas wohl promineste Kinder- und Jugendbuchautorin Antje Babendererde wird aus „Triff mich im tiefen Blau“ lesen. Darin wird eine Liebesgeschichte zwischen zwei Teenagern inmitten der wild-romantischen Natur einer schottischen Insel erzählt.

Der Schauspieler Thomas Thieme und der Journalist Frank Quilitzsch sind am 2. November im Volksbad Jena mit ihrem Programm „Sternstunden und Pleiten“ zu Gast. Seit nunmehr 23 Jahren „verhört“ Quilitzsch den vom „Faust“ besessenen, fußballverrückten Thieme am Telefon. Die in loser Folge in der Thüringischen Landeszeitung abgedruckten, mehr als 250 Interviews beleuchten heiter und facettenreich das Leben des Theater- und Filmstars und füllen zwei Gesprächsbücher.

Portrait von Thieme & Quilitzsch
Frank Quilitzsch & Thomas Thieme © Frank Quilitzsch

Am 5. November stellen Christa Niedner und Christine Theml auf der Grundlage einer Biographie von Marta Kijowska das lyrische Werk der eigenwilligen polnischen Nobelpreisträgerin Wisława Szymborska vor. Musikalisch geht es am 10. November weiter: Günter Baby Sommer ist einer der bedeutendsten Vertreter des zeitgenössischen europäischen Jazz, welcher mit einem hoch individualisierten Schlaginstrumentarium zugleich eine unverwechselbare musikalische Sprache entwickelt hat. An diesem Nachmittag wird er im KuBa Jena mit Überraschungsgästen spielen und erzählen. Zwei Tage später, am 12. November, liest Yandé Seck aus ihrem Debütroman „Weiße Wolken“. Die Autorin wurde 1986 in Heidelberg geboren, arbeitet als Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche, lehrt außerdem an der Uni Frankfurt und promoviert zu Mutterschaft, Migration und Psychoanalyse. In ihrem Debüt schreibt sie über die Ambivalenzen, die wir im Kleinen wie im Großen aushalten müssen.

Der Abend des 14. November gehört Annett Gröschner, Peggy Mädler und Wenke Seemann, die in „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“ über sich als „Ostfrauen“ sprechen (was auch immer diese Schublade bedeutet), über das Glück krummer Lebensläufe und über die Gegenwart mit ihrer sich ständig reindrängelnden Vergangenheit.

Mit der Vergangenheit beschäftigt sich am 15. November auch Matthias Steinbach. Er stellt sein Buch „Hindenburg auf dem Kyffhäuser oder Wie entsorgt man deutsche Geschichte?“ vor, in der sich mit dem steinernen Hindenburg auf dem Kyffhäuser beschäftigt. Seit 1939 stand die Statue neben Barbarossa und Wilhelm I. Die Geschichte des Denkmals erzählt vom Hindenburg-Mythos zur Zeit des Nationalsozialismus und von den Schwierigkeiten mit der Entsorgung deutscher Geschichte.

Der Preis für den schönsten Buchtitel im diesjährigen Lesemarathon geht wohl an Slata Roschal. Die in Sankt Petersburg geborene Autorin liest am 21. November beim Towanda e. V. aus ihrem im Februar 2024 erschienen Buch „Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten“. Darin überdenkt eine Frau mit scheinbar perfektem Leben alles neu, als die Übersetzung von Auswandererbriefen ihre Perspektive verändert. Roschal war bereits 2022 für den Deutschen Buchpreis nominiert und beweist mit ihrem neuesten Werk einmal mehr, dass sie eine der interessantesten jungen Stimmen in der deutschsprachigen Literatur ist. 

Am 23. November nimmt uns der Jenenser Tobias Schorcht mit auf Reisen. In seinem multimedialen Vortrag „Patagonien. Durch die Wildnis bis nach Feuerland“ erzählt der ehemalige Lehrer von seinem Abenteuer in Südamerika. Auch am 28. November entführt uns eine Jenaerin in ein anderes Land. Unter dem Pseudonym C.K. Jennar ist sie als erfolgreiche Thrillerautorin tätig und wird im Lesemarathon ihren neuesten Mysterythriller „Nachtrauschen“ vorstellen. In diesem will Cat Foley eigentlich nur ein irisches Idyll für ihre Malerei finden. Doch hoch oben auf den Klippen ist es einsamer und angsteinflößender als gedacht. Der Eintritt ist frei. Stattdessen wird um Spenden für den Palliativ-Verein „Leben heißt auch Sterben e. V.“ gebeten.

Portraits Karnick & Jennar
Julia Karnick © Sabine Braun (links) & C.K. Jennar © privat (rechts)

Im Dezember setzt die tschechische Schriftstellerin Radka Denemarkova am 6. des Monats mit „Stunden aus Blei“ einen politischen Akzent und thematisiert den Kampf für demokratische Werte im kommunistischen China. Als einzige tschechische Autorin ist sie dreifache Preisträgerin des Magnesia Litera Preises (in den Kategorien Prosa, Sachbuch und Übersetzung). Ihre Werke wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt.

Zum Abschluss des Lesemarathons am 12. Dezember wird es herzerwärmend: Julia Karnick stellt ihren im Juni 2024 erschienenen Roman „Man sieht sich“ vor: eine kluge und warmherzige Geschichte über eine Liebe, die mehr als 30 Jahre Anlauf braucht. Julia Karnick lebt und schreibt in Hamburg – unter anderem Kolumnen in der „BRIGITTE“ und den Bestseller übers Hausbauen „Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!“.

Der Vorverkauf für die veranstaltungen findet über die Jena Tourist-Information und für die veranstaltungen mit Günter Baby Sommer und Slata Roschal über die Webseite des Lese-Zeichen e. V. statt.

Wir freuen uns auf Sie!

 

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