Nun ist es bereits mehr als ein halbes Jahr her, dass durch ein Zehntes Änderungsgesetz das neue Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG) in Kraft getreten ist. Gut für die Beitragspflichtigen, deren Straßen nach dem 31.12.2018 fertig geworden sind oder bei denen mit der Straßenherstellung nach diesem Stichtag begonnen wurde, denn hierfür dürfen von den Kommunen keine Straßen(aus)baubeiträge mehr erhoben werden.
Stattdessen wurde den Kommunen für den Beitragsausfall seit dem 01.01.2019 Ersatz in Millionenhöhe vom Freistaat Thüringen in Aussicht gestellt. Dieser sollte in zwei unterschiedlichen Richtlinien geregelt werden. Die erste dieser Richtlinien (= Rechtsverordnung nach § 21b Abs. 6 ThürKAG / „ThürSABErstVO“) wurde im Dezember 2019 im Gesetz- und Verordnungsblatt des Freistaats Thüringen veröffentlicht und trat am 01.01.2020 in Kraft.
Außerdem erwarten die Städte, Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften in Thüringen weiter die für das Frühjahr angekündigte Rechtsverordnung gem. § 21b Abs. 8 ThürKAG (oder: „Thüringer Straßenausbauausgleichsleistungsverordnung“) für Straßenbauprojekte, die ursprünglich beitragspflichtig waren, jedoch erst nach dem 31.12.2018 begonnen wurden. Leider ist eine solche Richtlinie bisher nicht veröffentlicht worden.
Die Entwicklung nach der Gesetzesänderung ist für die Städte und Gemeinden im Freistaat alles andere als zufriedenstellend, bringt sie doch teilweise ganz erhebliche finanzielle Probleme mit sich. Beispielhaft sei die Stadt Jena genannt:
a.) Nach der ersten Richtlinie (= RV nach § 21b Abs. 6 ThürKAG) haben wir Anfang 2020 mit der „Ziegenhainer Straße“ eine 2019 beendete Maßnahme angemeldet und dem für die Bearbeitung zuständigen Landesverwaltungsamt in Weimar alle erforderlichen Unterlagen übersandt. Hier waren auch Vorausleistungen erhoben worden, die von den Anliegern zurückgefordert werden können. Seither ist über den Bearbeitungsstand nichts bekannt und Geld wurde bislang ebenso nicht ausgezahlt, obwohl die Stadt vor mehr als einem Jahr bereits die letzte der Herstellungsrechnungen bezahlt hatte. In diesem Fall wartet die Stadt Jena auf nicht weniger als 630.000 Euro (und zwar exklusiv der Vorausleistungen, die – wenn diese von der Stadt Jena an die ehemals Beitragspflichtigen zurückgezahlt werden – ebenfalls vom Freistaat an die Stadt zu erstatten sind).
b.) Derzeit haben wir alle Vorbereitungen abgeschlossen um beim Thüringer Landesverwaltungsamt zwei ehemals beitragspflichtige Straßenerneuerungen nach der RV gem. § 21b Abs. 8 ThürKAG anzumelden (die, wie ausgeführt, noch nicht existiert). Die Straßenerneuerungsarbeiten wurden 2019 begonnen und wir haben hierfür bereits Rechnungen in erheblicher Höhe zu bezahlen gehabt. Eines dieser Bauprojekte ist die „Tatzendpromenade“, deren Vollendung wir in zwei Monaten entgegensehen. Hier allein belaufen sich die Beitragsausfälle auf rund 610.000 Euro.
Zusammen mit anderen seit 2017/2018 laufenden Maßnahmen, die wir – da eine Schlussrechnung noch nicht vorliegt – nach der ThürSABErstVO noch nicht anmelden dürfen, fehlen der Stadt Jena aktuell rund 5,7 Mio. Euro im Haushalt bzw. dem Wirtschaftsplan des Kommunalservice Jena. Zu den letztgenannten Projekten zählen der „Stadthof“, die „Marktstraße“, die „Lützowstraße“ und die „Naumburger Straße“. Ohne die Gesetzesänderung im letzten Jahr hätten wir allerdings bis einschließlich Ende April 2020 erhebliche Vorausleistungen erhoben bzw. erheben dürfen, was unsere Haushaltssituation im Straßeninvestbereich erheblich entspannt hätte.
Somit stellt jede weitere Verzögerung der Veröffentlichung der Thüringer Straßenausbauausgleichsleistungsverordnung für die Stadt Jena eine erhebliche Verschlechterung gegenüber der alten Situation dar, was nach dem Willen der Landesregierung ursprünglich so nicht hätte passieren sollen. Und wahrscheinlich geht es den anderen Kommunen in Thüringen im Moment ebenso. / RS