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Aus dem Feenland der Lieder… – JenaKultur-Blog
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Aus dem Feenland der Lieder…

Daniela Drescher: Die Wichtelreise (2019)

Daniela Dreschers märchenhafte Bilderwelten und die Romantisierung der Welt

Ausstellung im Jenaer Romantikerhaus noch bis zum 21. Juli 2024

„Ich wünsche mir, dass die Kinder in eine Bilderbuchwelt eintauchen können, die von Güte und Zuversicht erzählt, die ihre eigene Fantasie beflügelt und ihren kleinen Herzen Mut macht.“

Daniela Drescher

„In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König …“ – es ist ein wundervoll poetischer Satz, mit dem die Brüder Grimm ihr berühmtes Märchen Der Froschkönig beginnen. Er entführt mit nur wenigen Worten in eine unbestimmte und wundersame Vergangenheit voller Wünsche und Fantasie. In ihr begegnet man Figuren, die uns einerseits fremd und doch vertraut sind: Königen und Prinzessinnen, Hexen und Zauberern, hungrigen Wölfen, verwunschenen Orten, hilfreichen Zwergen.

Daniela Drescher: Waldkinder (2019)
Daniela Drescher: Waldkinder (2019) | © Verlag Urachhaus, Stuttgart

Zieht man sich in das Reich der Märchen zurück, tauchen schnell Erinnerungen auf. Kindliche Erinnerungen, etwa an die Geborgenheit, die man empfunden hat, als man noch abgeschieden von der Welt der Erwachsenen, Märchen von den Eltern oder Großeltern erzählt bekam. Oder an ruhige Stunden, als man nach Jahren erstmals die eigenen Märchenbücher wieder zur Hand nahm: Plötzlich werden sie wieder lebendig, die Figuren, die einen schon als Kind faszinierten. Man stolpert über vergessene und doch vertraute Lieblingsstellen oder begegnet erneut den liebevollen Illustrationen, die ein Märchen begleiteten und von den eigenen Kinderaugen erforscht wurden.

Die Kindheit vieler Menschen ist mit Märchen verbunden. Sie gehören zu den ersten Jahren unseres Lebens, begleiten uns und die Erinnerung an sie ist oft intim. Das Bewusstsein um diese Intimität, um jene innerste Verbundenheit mit den Erzählungen, ist es auch gewesen, welches das Team des Romantikerhauses bei der Organisation der aktuellen Wechselausstellung leitete. Umso mehr, als sich die Ausstellung insbesondere (aber freilich nicht ausschließlich) an Kinderaugen richten sollte. Doch wie stellt man Märchen überhaupt aus? Schnell entschied man sich, eine Ausstellung mit Märchen-Illustrationen auf den Weg zu bringen und noch schneller, dafür die Künstlerin Daniela Drescher anzufragen. Denn Daniela Drescher gehört zu den erfolgreichsten Kinderbuchillustratorinnen in Deutschland und ihre Arbeiten zeichnen sich durch eine besondere Poesie aus.

Daniela Drescher: Däumelinchen (2015)
Daniela Drescher: Däumelinchen (2025) | © Verlag Urachhaus, Stuttgart

Nun ist von Poesie immer recht schnell die Rede, wenn man über Texte oder Bilder nichts anderes zu sagen weiß. Im Falle von Daniela Dreschers Arbeiten, berührt das Wort Poesie aber einen Wesenszug ihres künstlerischen Schaffens und Selbstverständnisses. Denn Poesie beschreibt das künstlerische Hervorbringen im Sinne eines Tuns bzw. Machens. Wer poetisch tätig ist, der bringt etwas hervor, das künstlich ist und gerade durch diese gemachte Künstlichkeit eine eigentümliche Seele aufweist. Steht man im Romantikerhaus vor Dreschers Originalen, wird die poetische Qualität ihrer Bilder sofort ersichtlich. Die Figuren und Motive treten uns in ihrer sensiblen Künstlichkeit vor Augen. Künstlich, weil sie die Spuren ihrer Entstehung nicht verwischen: Die feinen Schattierungen der Aquarellmalerei dominieren das Bild, zauberhafte Farbnuancen fließen ineinander, zeigen auf jedem Quadratzentimeter ein behutsames ästhetisches Spiel. Gleichzeitig kann man in den Farbräumen die Bleistiftränder der Unterzeichnungen erkennen, die den Dingen ihre Form geben, zuweilen den Verlauf der Pinselführung nachvollziehen oder erkennen, dass leuchtende Sternentaler oder glitzernde Diamanten auf Kronen und Kleidern dick aufgetragene Farbpunkte sind. Diese Spuren der Bildentstehung weisen darauf hin, dass Dreschers märchenhaften Bilderwelten voller Schönheit und Anmut eben Kunstwelten sind. Und diese Kunstwelten haben nur hier, in den Bildern, ihren Platz. Sie eröffnen Räume, in die sich Kinder und Erwachsene zurückziehen können, wenn die Welt um sie herum kalt, hektisch und bedrohlich erscheint. In diesem Sinne versteht Daniela Drescher ihr künstlerisches Wirken. Und sie weiß, was sie tut. Denn bevor Sie mit ihren Illustrationen im Urachhaus Verlag Erfolge feierte, war sie als Maltherapeutin für Kinder tätig. Hier hat sie die heilende Wirkung der Kunst kennengelernt und in der täglichen Arbeit erfahren, wie wichtig es für Menschen jeden Alters ist, einen Zufluchtsort zu haben. Einen Ort, der bei aller Verspieltheit einen Raum der Selbstbegegnung ermöglicht, des Rückzugs, der Reflektion und Bestärkung.

Dabei sind es nicht nur Märchen der Brüder Grimm und von Hans Christian Andersen, die Dreschers eigene Fantasie beflügeln. Auch Sagen und Legenden, Kinderbuchklassiker und nicht zuletzt selbst geschriebene Geschichten gehören zu ihrem Werk. Insbesondere ihr kleiner Regenrinnenwicht Giesbert hat es Groß und Klein auf der ganzen Welt angetan. Als Wichtel steht Giesbert exemplarisch für Daniela Dreschers Interesse an der Natur, die uns umgibt und der wir selbst angehören. Wie alle Wichtel ist Giesbert ein Bote der beseelten und schützenswerten Natur, die in allen Arbeiten Dreschers einen großen Raum einnimmt. So wundert es auch nicht, dass es Daniela Drescher nicht nur ein Anliegen ist, mit ihren poetischen Arbeiten einen Rückzugsort zu eröffnen, sondern es auch zu ermöglichen, mit der lebendigen Natur auf Tuchfühlung zu gehen. Es gilt, nicht nur die Bilder selbst, sondern auch die Welt um uns herum wieder durch die Augen eines Kindes zu sehen. In diesem Sinne halten insbesondere Dreschers kleinformatige Darstellungen der Elfenträume und Waldkinder dazu an, der Welt ihr poetisches Mysterium zurückzugeben. Seien es Pflanzen, Steine oder ein Bach, Käfer, Schmetterlinge, Fuchs oder Bär – durch die Kunst in ihnen und in uns selbst das Geheimnis der beseelten Natur zu erkennen, ist eine der größten Qualitäten von Daniela Dreschers Arbeiten. Sie im Romantikerhaus zeigen zu können, ist ein wunderbarer Gewinn für die Ausstellungslandschaft in Jena, zumal sie an kaum einem anderen Ort besser anzusehen sind. Denn wie schrieb schon Novalis ganz in Daniela Dreschers Sinn:

„Die Welt muss romantisiert werden. So findet man den ursprünglichen Sinn wieder. […] Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.“

Novalis
Daniela Drescher: Gisbert in der Regentonne (2014)
Daniela Drescher: Gisbert in der Regentonne | © Verlag Urachhaus, Stuttgart

Verpassen Sie diese zauberhafte Sonderausstellung nicht!
Öffnungszeiten Romantikerhaus Jena
Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr

Begleitveranstaltungen:
20. April (Sa) | 14 Uhr
Romantische Wichtelreise

12. Mai (So) | 15:30 Uhr
Figurentheater „Däumelinchen“ mit Henning Hacke
Für Kinder ab 4 Jahren

19. Mai (So) | 15 Uhr
Romantische Wichtelreise

16. Juni (So) | 15:30 Uhr
Figurentheater „Jorinde & Joringel“ mit Henning Hacke
Für Kinder ab 4 Jahren

29. Juni (Sa) | 10:30 Uhr
Märchenhafte Bilderreise mit Erzählerin Antje Horn
Für Kinder ab 3 Jahren

18. Juli (Do) | 15 Uhr
Märchenhafte Bilderreise mit Erzählerin Antje Horn
Für Kinder ab 3 Jahren

21. Juli (So) | 15 Uhr
Romantische Wichtelreise

Eintritt:
Kinder 1€ / Begleitpersonen 3€

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