Seit Monaten erklärt die Thüringer Landesregierung, dass es im Freistaat zum Wegfall der Erhebung von Straßen(aus)baubeiträgen kommen wird. Jüngst erhielten Grundstückseigentümer aus Jena sogar von der Thüringer Staatskanzlei (Referat PÖ) in Erfurt die verbindliche Zusage, dass die Straßenbeiträge durch eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes mit Wirkung zum 1. Januar 2019 abgeschafft werden.
Damit wäre zwar der zuletzt in Thüringen in Aussicht gestellte termin einer Abschaffung rückwirkend zum 1. Januar 2015 vom Tisch (der ohnehin mit hohen verfassungsrechtlichen Risiken verbunden gewesen wäre, wie sowohl die rot-rot-grüne Regierungskoalition als auch die oppositionellen CDU berichteten). Gleichwohl gibt es auch Anfang Mai 2019 für die interessierte Öffentlichkeit oder betroffene Grundstückseigentümer noch kein schlüssiges schriftliches Konzept, wie genau die Abschaffung vonstattengehen soll.
Soviel ist jedoch aus Äußerungen von Landtagsabgeordneten der Linkspartei, SPD und Bündnis-Grünen sowie des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen bekannt:
1.) ein entsprechendes Gesetz zur Abschaffung der Straßen(aus)baubeitragserhebung soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden und in der zweiten Jahreshälfte 2019 in Kraft treten.
2.) Es zeichnet sich eine rückwirkende Abschaffung ab dem 1. Januar 2019 ab. Heißt: Für alle Straßenbauarbeiten, die ab diesem Zeitpunkt begonnen wurden oder werden, können keine Beiträge mehr erhoben werden.
3.) Bei allen Straßen, die bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes bereits beitragspflichtig im Sinne des jetzigen § 7 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes begonnen wurden, aber noch nicht beendet sind, soll der Freistaat Thüringen die anfallenden Beiträge übernehmen, Käme es hierzu nicht, müssten von den Kommunen innerhalb der kommenden vier Jahre Beitragsbescheide versendet werden.
4.) In allen Fällen von Straßenausbauarbeiten, die bis zum 31. Dezember 2018 beendet wurden, müssen Grundstückseigentümer trotzdem noch mit Beitragsbescheiden rechnen. Dies ist so, weil das seit 1991 in Kraft befindlichen Thüringer Kommunalabgabengesetz nach wie vor Gültigkeit hat und eine Gesetzesänderung zur Abschaffung der Beitragserhebung laut einem Gutachten der Landesregierung Rechtswirkung ausschließlich auf das Jahr 2019 entfalten kann.
5.) Die genauen Bedingungen für Zahlungen und/oder Rückzahlungen werden über Rechtsvorschriften geregelt, die bis zum JAhresende folgen sollen.
Außerdem wird das neue Gesetz, wenn es im Mai dem Landtag vorgelegt werden wird, von den rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen und nicht von der Landesregierung eingebracht. Nur so seien die beabsichtigten termine einzuhalten, hieß es, beginnend mit der ersten Lesung im Landtag und den anschließenden Anhörungen in den Ausschüssen biszur Sommerpause ab dem 6. Juli 2019. Außerdem ist noch unklar, wann im Landeshaushalt erstmals die 21,8 bis 25,3 Millionen Euro jährlich eingestellt werden, mit denen das Land die Einnahmeverluste der Kommunen ausgleichen will.
Nachdem der Wille zur Abschaffung schon im letzten Jahr vom Erfurter Kabinett bekundet wurde, sind nun schon bald sieben Monate vergangen, ohne dass ein fertiges Gesetz vorliegt – siehe hierzu auch die unten enthaltene Drucksache (welche jedoch noch kein offizieller Gesetzestext ist, da sich noch Änderungen ergeben können). Dies und Aussagen wie die o.g. aus der Staatskanzlei führen dazu, dass Grundstückseigentümer extrem verunsichert sind. Briefe mit Wünschen von Betroffenen wie:
„Ich beantrage deshalb hiermit die Aussetzung der Zahlungsforderungen für Straßenbaubeiträge…“ (= Beitragserhebung 2018) oder
„…da die Beitragserhebung durch die Landesregierung abgeschafft ist, bitten wir um Rückzahlung der geleisteten Beiträge“ (= Beitragserhebung 2017)
sind deshalb keine Seltenheit, obwohl z.B. die Stadt Jena ohnehin seit dem 1. Januar 2019 keine Beiträge mehr erhebt. / RS
HINWEIS: Zu der im Artikel beschriebenen Angelegenheit gibt es FOLGENDE DRUCKSACHE des Thüringer Landtags!