Morgen erfolgt endgültig der Staffelstabwechsel an der Jenaer Volkshochschule. Gudrun Luck geht in den Ruhestand, und Dr. Angela Anding übernimmt die Leitung.
Ehe wir Frau Dr. Anding zu Wort kommen lassen, gilt unser Dank Gudrun Luck:
Gudrun Luck, Jg. 1956, geboren in Salzwedel, studierte Deutsch und Russisch auf Lehramt und unterrichtete nebenberuflich seit 1983 als Dozentin im Fach „Deutsch als Fremdsprache“ an der Volkshochschule Jena. 1986 wurde sie ebenda hauptberuflich eingestellt und übernahm die Leitung der Jenaer Volkshochschule 1992. Sie genießt unter den Kolleginnen und Kollegen, innerhalb der Stadt und weit darüber hinaus sehr viel Wertschätzung, was sich in einem Satz ihres Kollegiums spiegelt: „Gudrun Luck arbeitete nicht in der VHS – Gudrun Luck war die VHS. Aus diesem Grund sind die vielen kleinen Schritte, die die VHS vorwärts ging, auch immer ein Verdienst ihrerseits.“
Sollte man ihre wichtigsten Eigenschaften benennen, dann wären diese: zuverlässig, verbindlich, präzise, konstruktiv, lösungsorientiert, ruhig – sozusagen Tugenden, die echten Zeissianer*innen zugeschrieben werden, obwohl sie ja genaugenommen gar keine ist.
Gudrun Luck wird als Liebhaberin klassischer Musik, als passionierte Museumsbesucherin, als Politikinteressierte ohne Frage weiter am gesellschaftlichen Leben der Stadt teilnehmen, und da sie sich kürzlich auch zur Gästeführerin hat ausbilden lassen, wird man ihr gewiss an vielen Stellen weiter über den Weg laufen. Wir freuen uns darauf.
JenaKultur bedankt sich sehr herzlich für ihre jahrzehntelange engagierte Tätigkeit und wünscht alles Gute für den neuen Lebensabschnitt mit all den neuen spannenden Herausforderungen.
Wir haben Frau Dr. Angela Anding ein paar Fragen gestellt:
Liebe Frau Dr. Anding! Abermals herzlich willkommen bei JenaKultur. Seit Anfang Februar sind Sie nun bei uns. Stellen Sie sich doch bitte unseren Lesern kurz vor!
Ich schaue mit gewisser Erfahrung auf meine „neue“ VHS, denn ich war in den letzten 16 Jahren als Leiterin und Geschäftsführerin einer VHS in Baden-Württemberg in Trägerschaft eines Zweckverbandes tätig – im Oberen Nagoldtal mit Geschäftsstelle in Nagold. Geboren wurde ich jedoch in Jena, bin in der Nähe von Jena aufgewachsen und habe in Halle/S. studiert und promoviert. Schon damals war die Erwachsenenbildung mein „Leibgericht“. Diese wählte ich mir als Studienschwerpunkt und unterstützte schon als HiWi und später als Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Martin-Luther-Universität das Seniorenkolleg an der MLU. Privates und natürlich die berufliche Herausforderung nach der Promotion brachten mich dann nach Baden-Württemberg.
Ab morgen, 1. April, wird Ihr „Backup“, Frau Gudrun Luck, im wohlverdienten Ruhestand sein. Dann sind Sie die – alleinige – neue Leiterin der Jenaer Volkshochschule. Wie haben Sie die vergangenen zwei Monate der Staffelstabübergabe genutzt?
Ja, ich bin seit Anfang Februar in der VHS in Jena, habe seitdem mit Gudrun Luck, der langjährigen Leiterin der VHS, zusammen gearbeitet und damit nun schon einen sehr guten Einblick gewinnen, das Team kennen lernen und die Bedingungen vor Ort betrachten können. Wir haben uns einen Plan gemacht, welche Themen besprochen, welche Unterlagen angesehen und welche ganz praktischen Dinge erprobt werden müssen, sodass ich dann ab dem 01.04. auch allein agieren kann. Dabei hat Gudrun Luck hervorragend vorgearbeitet und bspw. schon vor einem Jahr begonnen, eine Liste zu führen mit den wichtigsten Vorgängen im Jahresverlauf. Diese sind wir durchgegangen. Das war ein sehr gutes Gerüst für viele Fragestellungen, das mir sicher auch in den nächsten Monaten noch eine wichtige Grundlage sein wird. Außerdem hatten wir eine Klausurtagung mit allen Mitarbeitenden und einer externen Moderation, nicht zuletzt zur detaillierten Darstellung der Aufgabengebiete der Mitarbeitenden. Das war sehr hilfreich.
Was sind Ihre ersten Befunde bzgl. der Jenaer Volkshochschule? Was hat Sie überrascht? Und wie finden Sie die Einbindung der VHS in den städtischen Eigenbetrieb JenaKultur?
Die ersten Befunde: Gleich und doch unterschiedlich! Volkshochschulen sind in Deutschland inhaltlich vom Grundsatz her sehr ähnlich aufgebaut. Sie verfügen über die gleichen Fachbereiche und damit thematischen Schwerpunkte, frei nach dem Motto Vielfalt Hat System. Aber natürlich ist eine städtische VHS in Thüringen etwas anderes als eine ländlich geprägte VHS mit 8 Städten und Gemeinden. Unterschiede sehe ich z. B. in den Entscheidungsstrukturen und -wegen, in der Förderkulisse der Landesförderung und natürlich auch in Hinsicht auf die inhaltliche Arbeit. Zum Beispiel spielte der Fachbereich Gesundheit im Oberen Nagoldtal eine sehr viel größere Rolle, und in der Flüchtlingskrise haben wir unsere Integrationskurse noch einmal stark ausgebaut. Der Fachbereich Gesundheit ist in Jena sehr klein, und Integrationskurse werden an der VHS nicht durchgeführt. Dafür ist aber der Bereich Deutsch als Fremdsprache an der Jenaer VHS wesentlich größer und bedeutsamer. Das liegt natürlich nicht zuletzt am universitären Hintergrund. Das sind Unterschiede, die mich nicht wirklich überraschen, die ich gern zur Kenntnis nehme und natürlich überlege, wie wir damit in Zukunft umgehen.
Die Einbindung der VHS in einen städtischen Eigenbetrieb ist für mich natürlich neu. Aber die Vor- und Nachteile werde ich sicher schnell erfassen und anwenden.
Wie meistert die VHS die augenblickliche Corona-Krise?
Natürlich brachte die Corona-Krise die „normale Arbeit“ in der VHS sehr durcheinander. Wir arbeiten nun im Notbetrieb, Kurse wurden unterbrochen, Teilnehmende und Dozenten wurden informiert. Die Kommunikation mit allen Beteiligten läuft reibungslos. Und aktuell arbeiten wir weiter an unseren „Wissenshäppchen der Woche“ – einem Onlineangebot für diejenigen, die in der VHS-freien Zeit doch nicht auf Bildung, Auseinandersetzung und Information aus der VHS verzichten wollen. Außerdem gibt es viele Aufgaben hinter den Kulissen, die trotzdem zu erledigen sind, z. B. Statistik, Verwendungsnachweise, Anträge, Vorbereitungen auf besondere veranstaltungen und Formate. Die relative Alltagsruhe kann aber nun auch schon wieder genutzt werden für die Planung des nächsten Semesters, denn das kommt ja in jedem Fall. Und mal ein Archiv zu entrümpeln, ist auch eine sehr wertvolle Arbeit, zu der sonst kaum jemand kommt. Uns wird nicht langweilig.
Welche Visionen haben Sie für die Volkshochschularbeit der kommenden Jahre?
Wir haben jetzt schon viele Ideen in der Jenaer VHS, die wir angehen wollen. Noch aus dem Vorjahr stammt z. B. ein Förderantrag im Kontext Digitalisierung. Wir gehen aktuell davon aus, dass wir die beantragte Fördersumme auch zur Verfügung gestellt bekommen. Damit wollen wir die eh schon digital sehr affine VHS noch mehr voranbringen, vor allem Kursleitende einbinden und die vhs.cloud als existentes Instrument in den Kursbetrieb selbstverständlich integrieren. Dazu gehören Hard- und Softwarelösungen, aber vor allem die Sensibilisierung und Weiterbildung aller Beteiligten. Darauf liegt jetzt gerade unser besonderer Fokus.
Für die kommenden Jahre gibt es jedoch noch viele weitere Aufgabenfelder, denen wir uns zwingend zuwenden müssen, z. B. den Themen Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, Außenwahrnehmung, interne Prozesse. Aber mit diesem motivierten Team wird mir nicht bange. Natürlich benötigen wir für die neuen, aber auch für die „anderen“ Aufgaben entsprechende Ressourcen. Das heißt: Wenn dann noch die Zuschussvereinbarung für die Jahre 2021-2024 erfolgreich verläuft, dann können wir auch richtig loslegen.