JenaKultur.
Eigenbetrieb der Stadt Jena
Knebelstraße 10
07743 Jena
Projektmanagement / Denkmal- und Kunstförderung
Evelyn Halm
Tel. +49 3641 49-8037
Fax +49 3641 49-8005
evelyn.halm@jena.de
Untere Denkmalschutzbehörde Jena
Elke Zimmermann
Matthias Rupp
Tel. +49 3641 49-5140
Fax +49 3641 49-5105
elke.zimmermann@jena.de
matthias.rupp@jena.de
Werkleitung
Friedrun Vollmer
Carsten Müller
Jana Gründig
Die Ruine der Lobdeburg gehört zu den eindrucksvollsten und am besten erhaltenen romanischen Profanbauten Thüringens. Sie zählt zugleich zu den bedeutendsten Kulturdenkmalen auf dem Territorium der kreisfreien Stadt Jena und stellt ein wichtiges Naherholungsziel für die Menschen der Umgebung dar. Gelegen an der "Transromanica", der kulturellen Erlebnisroute durch Europa auf den Spuren der Romanik, ist sie zudem in überregionale Tourismuskonzepte eingebunden.
Die Lobdeburg wurde ab Mitte des 12. Jh. als repräsentativer Herrschaftssitz und Mittelpunkt einer Grundherrschaft errichtet. Ihre Erbauer, die schwäbisch-fränkischen Herren von Alerheim/Auhausen stammten aus der Gegend von Nördlingen (heute Landkreis Donau-Ries). In der 2. Hälfte des 12. Jh. gelang ihnen der Aufbau einer Territorialherrschaft im heutigen Thüringen, die von Jena bis in das nördliche Thüringer Schiefergebirge reichte. Zur Erschließung des Siedlungsraumes wurden neben thüringischen auch fränkische Siedler herangezogen. Die herrschaftliche Verwaltung des Gebietes wurde durch den Bau von Kirchen und weiteren Burgen und Kirchen abgesichert.
Ab dem Ende des 12. Jh. teilte sich die Familie in mehrere Linien, wobei die Lobdeburg im Besitz der Herren von Lobdeburg-Burgau verblieb. Mit der Erhebung des Naumburger Domherren Otto von Lobdeburg aus der Lobdeburg-Burgauer Linie zum Bischof von Würzburg im Jahre 1203 gelang der Familie der Aufstieg in den Reichsfürstenstand. Archäologische Funde dieser Zeit belegen auf der Lobdeburg eine bemerkenswerte Entfaltung ritterlich-höfischer Kultur.
Als ihm 1225 Herrmann von Lobdeburg-Burgau auf dem Bischofssitz von Würzburg folgte, bot sich für die Lobdeburger die Möglichkeit, das Bistum Würzburg langfristig im Sinne ein territorialen Bindegliedes zwischen ihren fränkischen Stammlanden und den Besitzungen in Thüringen auszubauen.
Im Jahre 1233 trat Bischof Hermann von Lobdeburg gegen umfangreiche Zugeständnisse für das Bistum Würzburg in ein Bündnis mit König Heinrich VII. gegen dessen Vater, Kaiser Friedrich II. und wurde damit dessen wichtigster Parteigänger. Die Revolte gegen den Kaiser brach 1235 offen aus. Ihre Niederschlagung noch im selben Jahr führte mit der Ächtung Hermanns und dessen Unterwerfung zum vollständigen Zusammenbruch der würzburg-lobdeburgischen Territorialpolitik in Thüringen und Franken.
Wohl im Zusammenhang mit der familiären Verstrickung in diese Vorgänge wurde die Lobdeburg im 2. Drittel des 13. Jh. aufgegeben und größtenteils niedergelegt. Die Familie siedelte auf die nahe gelegene Burg Burgau um.
Erst gegen Ende des 13. Jh. lassen sich wieder bauliche Aktivitäten auf der Lobdeburg nachweisen. Kurz darauf erfolgte die Rückübersiedlung der Familie auf die Lobdeburg. Im Zuge einer Erbteilung wurde die Lobdeburg 1327 in drei Teile aufgeteilt. In der Folge wohnte aber nur ein Anteilseigner auf der Burg. Ab den 40er Jahren des 14. Jh. gelangte die Anlage durch Verkauf teilweise in den Besitz der Grafen von Schwarzburg.
Kurz darauf, vermutlich 1345, wurde die Burg in kriegerische Ereignisse eingezogen, die vermutlich im Zusammenhang mit dem sog. Thüringer Erbfolgekrieg zu sehen sind. Geschossspitzen, Schleuderkugeln und andere Waffenteile im tiefer gelegenen Gelände der Anlage belegen eine Attacke auf die Burg. Vielleicht war es den Angreifern dabei gelungen, zeitweise in die Burg einzudringen. Im Zuge des Angriffs wurde die Burg in Brand gesetzt, konnte aber letztlich nicht erobert werden.
Nach erneuter Wiederherstellung fiel die Burg 1358 an die Markgrafen von Meißen, die der Familie von Lobdeburg-Burgau jedoch weiterhin das Nutzungsrecht einräumten. Mit dem Tod des Lehensinhabers Johannes von Lobdeburg-Burgau um die Mitte des 15. Jh. endet die Nutzungsgeschichte der Lobdeburg.
Sichtbarstes und zugleich bedeutendstes Bauwerk der Lobdeburg ist der heute noch in wesentlichen Teilen erhaltene, über fünfeckigem Grundriss errichtete zweiteilige Wohnturm von 15,5 m Länge und 7,7 m Breite (A im Lageplan). Bedingt durch die Hanglage, weist er im Südteil vier und im Nordteil drei Geschosse auf. Indem er an die Umfassungsmauer gerückt und dabei in deren besonders gefährdete Ostseite eingestellt wurde, entstand auf dem höchsten Geländepunkt des Burgplatzes eine auf das unmittelbare Vorfeld gerichtete architektonische Dominante von bemerkenswerter Monumentalität und Wehrhaftigkeit. Dennoch zeigen seine baulichen Merkmale, wie die im südlichen Erdgeschoss vorhandene Küche mit Kamin, das darüber liegende Wohngeschoss mit weiterem Kamin und der säulengetragenen Doppelarkade sowie die zahlreichen dekorativen Gestaltungselemente in Form von Rahmungen und Friesen, dass es sich eindeutig um den Wohnbau des adeligen Burgherrn handelt. Die architektonischen Traditionslinien dieses Bauwerkes finden ihre Ursprünge im Burgenbau anglo-normannischer Prägung.
Die im 1. Obergeschoss des Nordteils erschließbare Kapelle offenbart durch die an der Ostseite aus der Fassade hervortretende Altarnische (B im Lageplan) sowie zahlreiche archäologisch erschlossene Elemente einen gestalterischen Reichtum, der mit der Verwendung von Stuck, Inkrustation, figurativer Bauplastik, Farbverglasung und figürlicher Glasmalerei nahezu die gesamte Bandbreite architektonischer Darstellungsmöglichkeiten der Zeit ausschöpft.
Unterhalb des Wohnturmes konnte im Zuge archäologischer Untersuchungen der Grundriss eines im 12. Jh. errichteten Multifunktionsgebäudes mit winkelförmigem Grundriss ergraben werden (D im Lageplan). Der ursprünglich mehrgeschossige Bau lag unmittelbar hinter dem Burgtor (F im Lageplan) und wurde im Laufe seiner Nutzung mehrfach umgebaut und erweitert (E, K im Lageplan). Wohl als Folge der Ächtung der Lobdeburger nach der Revolte von 1235 wurde der Bau systematisch abgebrochen und nicht wieder aufgebaut.
Westlich dieses Gebäudes schloss sich ein größeres Hofareal an, dessen Laufebene etwa 2 m unter der vorderen lag (G im Lageplan). Hier stand ab dem 12. Jh. ein 7,2 x 7,65 m großer Steinbau mit leicht trapezförmigem Grundriss (H im Lageplan). Der Bautypus ist aus zahlreichen ländlichen und urbanen Siedlungen bekannt, wo er für turmartige Wohnsitze des Lehnsadels charakteristisch ist.
Im Nordwesten der Burganlage befindet sich ein über annähernd quadratischem Grundriss von 5 m Seitenlänge errichteter Turm (I im Lageplan). Der ursprünglich frei stehende Bau wurde als Tankzisterne wohl in der 1. Hälfte des 14. Jh. errichtet. Der Baukörper ist noch bis zu einer Höhe von etwa 5,4 m erhalten. Die Mauerdicke beträgt 1,75 m, nur auf der Südostseite ist sie auf 1,35 m reduziert. Der Innenraum weist in seiner Nordostecke eine halbrund ausgesparte Eimerführung auf, die in einen 1,9 m tief in den Fels gehauenen Entnahmeschacht verläuft. In diesen Schacht mündet eine kleine Einlaufrinne in der Ostwand. Vom außen liegenden, für die Wasserzuführung notwendigen Leitungssystem (Bodenrinnen oder Röhrenfahrten) haben sich keine sichtbaren Spuren erhalten.
Matthias Rupp, Die Lobdeburg bei Jena. Ergebnisse zu Bauforschung und Archäologie einer Burganlage des 12.-15. Jhs., in: Jenaer Schriften zur Vor- und Frühgeschichte Band 8, Jena & Langenweißbach 2019.
Eine Informationstafel unterhalb des Wohnturmes fasst Geschichte und Bauentwicklung für interessierte Besucher:innen der Lobdeburg anschaulich in Text und Bildern zusammen.
Die Tafel reiht sich in ihrer Gestaltung in das vom Jenaer Stadtforst initiierte Projekt der "Natura Jenensis" zur Vermittlung und Entdeckung der Naturerlebnisregion um Jena ein.
Ein QR-Code verweist auf tiefergehende Informationen im städtischen Netz.
1907-12 erstmals umfassend gesichert, erfolgte ab 1998 im Auftrag des Verwaltungsträgers JenaKultur schrittweise die denkmalgerechte Sanierung der Anlage. Sie wurde durch archäologische und bauhistorische Untersuchungen begleitet und fand im Jahre 2019 mit der im Auftrag der Kommunalen Immobilien Jena vorgenommenen Instandsetzung des romanischen Wohnturmes ihren vorläufigen Abschluss. Ab 2023 ist allerdings eine Neugestaltung des Umfeldes zur öffentlichen Begehbarmachung der Anlage mit archäologisch ergrabener Binnenstruktur geplant.
Die bisherigen Sanierungsschritte:
Die ca. 135 Mitglieder zählende Lobdeburg-Gemeinde 1912 e. V. widmet sich seit ihrer Gründung vor über 110 Jahren der Pflege und Unterhaltung der Ruine der Lobdeburg. Im besonderen Fokus steht dabei die Erhaltung der interessanten und vielfältigen Flora und Fauna der Umgebung. Die vom Verein angelegten und gepflegten touristischen Anlagen, wie die Wege der SaaleHorizontale, deren Aussichtspunkte, Bänke und Treppenanlagen, werden in freiwilligen Arbeitseinsätzen hergestellt und unterhalten. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Wiederherstellung und Unterhaltung der Begehbarkeit der Ruine.
Durch umfangreiche Spendenaktionen unterstützen die Vereinsmitglieder immer wieder Maßnahmen zur Erhaltung und Sanierung der Burg, so die 2003 realisierte Anstrahlung der Burganlage sowie die 2005 bis 2007 vorgenommene Bergung, Restaurierung, Abformung als Gusskopien und Wiedereinsetzung der romanischen Säulen in den Zwillingsfenstern des Palas. Ständige Kontrollen sorgen dafür, Vandalismus zu verhindern oder schnell zu beseitigen.
JenaKultur.
Eigenbetrieb der Stadt Jena
Knebelstraße 10
07743 Jena
Projektmanagement / Denkmal- und Kunstförderung
Evelyn Halm
Tel. +49 3641 49-8037
Fax +49 3641 49-8005
evelyn.halm@jena.de
Untere Denkmalschutzbehörde Jena
Elke Zimmermann
Matthias Rupp
Tel. +49 3641 49-5140
Fax +49 3641 49-5105
elke.zimmermann@jena.de
matthias.rupp@jena.de
Werkleitung
Friedrun Vollmer
Carsten Müller
Jana Gründig