Vortrag zum 17. Juni 1953 in Jena
Der „Volksaufstand“ vor 70 Jahren ist Thema am Montag, 26. Juni, um 18 Uhr im Rathaus
Wie sich das Aufbegehren von Berliner Bauarbeitern gegen die sozialen Auswirkungen des von der II. Parteikonferenz der SED 1952 beschlossenen „beschleunigten Aufbaus des Sozialismus“ innerhalb weniger Stunden zu einer Massenerhebung in 700 Städten und Gemeinden ausbreiten konnte - dieser Frage geht der Jenaer Journalist Frank Döbert in seinem Vortrag am Montag, 26. Juni, nach. Die DDR stürzte in eine tiefe politische Krise. Was waren die Gründe, die 20.000 Jenaer zur Teilnahme am Protest veranlassten, der in der Folge zur Erstürmung mehrerer Gebäude, zum Einsatz sowjetischer Panzer und zu einer massiven Verhaftungswelle führte? Unter Bezugnahme auf zahlreiche Fotografien und Archivdokumente sowie Zeitzeugenberichte, die bisher nur zum Teil Berücksichtigung in Analysen zum 17. Juni 1953 fanden, lassen sich die Ereignisse detaillierter darstellen.
Vorgeschichte zum 17. Juni 1953 in Jena
Wie in anderen Städten der DDR, so war auch die Situation in Jena im Frühsommer des Jahres äußert angespannt: immer mehr Republikfluchten, resultierend auch aus einer anhaltend schwierigen, von hohen Preisen begleiteten Versorgungslage der Bevölkerung. Die SED versuchte mit drakonischen Strafen selbst für geringfügige Wirtschaftsvergehen die Lage zu beruhigen. Doch die Verhaftung von 15 leitenden Mitarbeitern von Carl zeiss durch die Staatssicherheit im März 1953 unter dem Vorwand des Geheimnisverrates und der Spionage zugunsten von zeiss Oberkochen sowie das Vorgehen gegen Schüler und Studenten, die den als „feindliche Organisation“ erklärten Jungen Gemeinden der Evangelische Kirche in Jena angehörten, taten ein Übriges, um das „Fass zum Überlaufen“ zu bringen. Damit einhergehend sahen sich SED, Volkspolizei und MfS außerstande, mit einer abgestimmten Handlungsstrategie zu einer Deeskalation der Ereignisse beizutragen. Die noch am selben Tag einsetzende Verhaftungswelle steigerte nur noch den Widerstandswillen. Ein neuerlicher Streikaufruf bei zeiss im Juli 1953 war die Folge, der diesmal jedoch mit einem massiv ausgeweiteten Repressionsapparat kategorisch unterbunden werden sollte.
Die DDR-Propaganda wies die vom „Westen“ als „Volksaufstand“ deklarierten Unruhen als „faschistischen Putschversuch“ aus. Dieser sei vom RIAS und amerikanischen Geheimdiensten initiiert worden. Freigegebene Akten der CIA und anderer Dienste erlauben jetzt weitgehend der Realität entsprechende Aufschlüsse von dieser Seite zu einem der prägendsten Tage in der DDR während des Kalten Krieges.
Vortrag: „17. Juni 1953 in Jena“
Termin: Montag, 26. Juni 2023, 18.00 Uhr
Ort: Rathaus
Der Eintritt ist frei.